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Vorrede.

die Grösse eines Buchs nicht nach der Zahl der Blätter, sondern nach der Zeit mißt, die man nöthig hat, es zu verstehen, so könne man von manchem Buche sagen: daß es viel kürzer seyn würde, wenn es nicht so kurz wäre. Anderer Seits aber, wenn man auf die Faßlichkeit eines weitläuftigen, dennoch aber in einem Princip zusammenhängenden Ganzen speculativer Erkentniß seine Absicht richtet, könte man mit eben so gutem Rechte sagen: manches Buch wäre viel deutlicher geworden, wenn es nicht so gar deutlich hätte werden sollen. Denn die Hülfsmittel der Deutlichkeit fehlen zwar in Theilen, zerstreuen aber öfters im Ganzen, indem sie den Leser nicht schnell gnug zu Ueberschauung des Ganzen gelangen lassen und durch alle ihre helle Farben gleichwol die Articulation, oder den Gliederbau des Systems verkleben und unkentlich machen, auf den es doch, um über die Einheit und Tüchtigkeit desselben urtheilen zu können, am meisten ankomt.

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 Es kan, wie mich dünkt, dem Leser zu nicht geringer Anlockung dienen, seine Bemühung mit der des Verfassers, zu vereinigen, wenn er die Aussicht hat, ein grosses und wichtiges Werk, nach dem vorgelegten Entwurfe, ganz und doch dauerhaft zu vollführen.

Nun b 2 Nun
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite (19). Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_V_19.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)