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837 Die Architectonik der reinen Vernunft. 837

Quellen der Vernunft, woraus auch die Critik, ia selbst die Verwerfung des Gelerneten entspringen kan, d. i. aus Principien geschöpft worden.

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 Alle Vernunfterkentniß ist nun entweder die aus Begriffen, oder aus der Construction der Begriffe, die erstere heißt philosophisch, die zweite mathematisch. Von dem inneren Unterschiede beider habe ich schon im ersten Hauptstücke gehandelt. Ein Erkentniß demnach kan obiectiv philosophisch seyn und ist doch subiectiv historisch, wie bey den meisten Lehrlingen und bey allen, die über die Schule niemals hinaussehen und zeitlebens Lehrlinge bleiben. Es ist aber doch sonderbar: daß das mathematische Erkentniß, so wie man es erlernet hat, doch auch subiectiv für Vernunfterkentniß gelten kan, und ein solcher Unterschied bey ihm nicht so, wie bey dem philosophischen statt findet. Die Ursache ist, weil die Erkentnißquellen, aus denen der Lehrer allein schöpfen kan, nirgend anders als in den wesentlichen und ächten Principien der Vernunft liegen und mithin von dem Lehrlinge nirgend anders hergenommen, noch etwa gestritten werden können, und dieses zwar darum, weil der Gebrauch der Vernunft hier nur in concreto, obzwar dennoch a priori, nemlich an der reinen und, eben deswegen, fehlerfreien Anschauung geschieht und alle Täuschung und Irrthum ausschließt. Man kan also unter allen Vernunftwissenschaften (a priori) nur allein Mathematik, niemals aber Philosophie (es sey denn historisch), sondern, was die Vernunft betrift, höchstens nur philosophiren lernen.

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 837. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_837.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)