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827 Vom Meinen, Wissen und Glauben. 827

Theologie der Natur (Physicotheologie) nothwendig allerwerts bewirken muß. In Ansehung eben derselben Weisheit, in Rücksicht auf die vortrefliche Ausstattung der menschlichen Natur und die derselben so schlecht angemessene Kürze des Lebens, kan eben so wol gnugsamer Grund zu einem doctrinalen Glauben des künftigen Lebens der menschlichen Seele angetroffen werden.

 Der Ausdruck des Glaubens ist in solchen Fällen ein Ausdruck der Bescheidenheit in obiectiver Absicht, aber doch zugleich der Festigkeit des Zutrauens in subiectiver. Wenn ich das blos theoretische Vorwahrhalten hier auch nur Hypothese nennen wolte, die ich anzunehmen berechtigt wäre, so würde ich mich dadurch schon anheischig machen, mehr, von der Beschaffenheit einer Weltursache und einer andern Welt, Begriff zu haben, als ich wirklich aufzeigen kan; denn was ich auch nur als Hypothese annehme, davon muß ich wenigstens seinen Eigenschaften nach so viel kennen: daß ich nicht seinen Begriff, sondern nur sein Daseyn erdichten darf. Das Wort Glauben aber geht nur auf die Leitung, die mir eine Idee giebt, und den subiectiven Einfluß auf die Beförderung meiner Vernunfthandlungen, die mich an derselben festhält, ob ich gleich von ihr nicht im Stande bin, in speculativer Absicht Rechenschaft zu geben.

 Aber der blos doctrinale Glaube hat etwas wanckendes in sich; man wird oft durch Schwierigkeiten, die sich in der Speculation vorfinden, aus demselben gesezt,

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 827. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_827.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)