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809 Vom Ideal des höchsten Guts. 809

glücklich zu seyn. Die zweite frägt nun: wie, wenn ich mich nun so verhalte, daß ich der Glückseligkeit nicht unwürdig sey, darf ich auch hoffen, ihrer dadurch theilhaftig werden zu können? Es komt bey der Beantwortung derselben darauf an, ob die Principien der reinen Vernunft, welche a priori das Gesetz vorschreiben, auch diese Hoffnung nothwendigerweise damit verknüpfen.

 Ich sage demnach: daß eben sowol, als die moralische Principien nach der Vernunft in ihrem practischen Gebrauche nothwendig seyn, eben so nothwendig sey es auch nach der Vernunft, in ihrem theoretischen anzunehmen, daß iederman die Glückseligkeit in demselben Maasse zu hoffen Ursache habe, als er sich derselben in seinem Verhalten würdig gemacht hat und daß also das System der Sittlichkeit mit dem der Glückseligkeit unzertrenlich, aber nur in der Idee der reinen Vernunft verbunden sey.

 Nun läßt sich in einer intelligibelen, d. i. der moralischen Welt, in deren Begriff wir von allen Hindernissen der Sittlichkeit (der Neigungen) abstrahiren, ein solches System der mit der Moralität verbundenen proportionirten Glückseligkeit auch als nothwendig denken, weil die durch sittliche Gesetze theils bewegte, theils restringirte Freiheit, selbst die Ursache der allgemeinen Glückseligkeit, die vernünftige Wesen also selbst, unter der Leitung solcher Principien, Urheber ihres eigenen und zugleich anderer dauerhaften Wolfarth seyn würden. Aber dieses System der sich selbst lohnenden Moralität ist nur

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 809. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_809.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)