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758 Methodenlehre I. Hauptst. II. Absch. 758
Von der
Unmöglichkeit einer sceptischen Befriedigung
der mit sich selbst veruneinigten reinen
Vernunft.

 Das Bewustseyn meiner Unwissenheit, (wenn diese nicht zugleich als nothwendig erkant wird) statt, daß sie meine Untersuchungen endigen solte, ist vielmehr die eigentliche Ursache, sie zu erwecken. Alle Unwissenheit ist entweder die der Sachen, oder der Bestimmung und Gränzen meiner Erkentniß. Wenn die Unwissenheit nun zufällig ist, so muß sie mich antreiben, im ersteren Falle den Sachen (Gegenständen) dogmatisch, im zweiten den Gränzen meiner möglichen Erkentniß critisch nachzuforschen. Daß aber meine Unwissenheit schlechthin nothwendig sey, und mich daher von aller weiteren Nachforschung freispreche, läßt sich nicht empirisch, aus Beobachtung, sondern allein critisch, durch Ergründung der ersten Quellen unserer Erkentniß ausmachen. Also kan die Gränzbestimmung unserer Vernunft nur nach Gründen a priori geschehen, die Einschränkung derselben aber, welche eine, obgleich nur unbestimte Erkentniß einer nie völlig zu hebenden Unwissenheit ist, kan auch a posteriori, durch das, was uns bey allem Wissen immer noch zu wissen übrig bleibt, erkant werden. Jene, durch Critik der Vernunft selbst allein mögliche Erkentniß seiner Unwissenheit ist also Wissenschaft, diese ist nichts als Wahrnehmung, von der

man
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 758. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_758.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)