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732 Methodenlehre I. Hauptst. I. Absch. 732

einigen (dem Mittelpuncte) gleich weit abstehen, den Fehler, daß die Bestimmung krumm unnöthiger Weise eingeflossen ist. Denn es muß einen besonderen Lehrsatz geben, der aus der Definition gefolgert wird und leicht bewiesen werden kan: daß eine iede Linie, deren alle Puncte von einem einigen gleich weit abstehen, krumm, (kein Theil von ihr gerade) sey. Analytische Definitionen können dagegen auf vielfältige Art irren, entweder, indem sie Merkmale hineinbringen, die wirklich nicht im Begriffe lagen, oder an der Ausführlichkeit ermangeln, die das wesentliche einer Definition ausmacht, weil man der Vollständigkeit seiner Zergliederung nicht so völlig gewiß sein kan. Um deswillen läßt sich die Methode der Mathematik im Definiren in der Philosophie nicht nachahmen.

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 2. Von den Axiomen. Diese sind synthetische Grundsätze a priori, so fern sie unmittelbar gewiß sind. Nun läßt sich nicht ein Begriff mit dem anderen synthetisch und doch unmittelbar verbinden, weil, damit wir über einen Begriff hinausgehen können, ein drittes, vermittelnde Erkentniß nöthig ist. Da nun Philosophie blos die Vernunfterkentniß nach Begriffen ist, so wird in ihr kein Grundsatz anzutreffen seyn, der den Nahmen eines Axioms verdiene. Die Mathematik dagegen ist der Axiomen fähig, weil sie vermittelst der Construction der Begriffe in der Anschauung des Gegenstandes die Prädicate desselben a priori und unmittelbar verknüpfen kan, z. B. daß drey Puncte iederzeit in einer Ebene liegen. Dagegen

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 732. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_732.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)