Seite:Kant Critik der reinen Vernunft 719.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
719 Die Disciplin der reinen Vernunft im dogm. etc. 719

weiter zu kommen, als auf die blosse Definition, von der ich aber billig anfangen müßte. Es giebt zwar eine transscendentale Synthesis aus lauter Begriffen, die wiederum allein dem Philosophen gelingt, die aber niemals mehr als ein Ding überhaupt betrift, unter welchen Bedingungen dessen Wahrnehmung zur möglichen Erfahrung gehören könne. Aber in den mathematischen Aufgaben ist hievon und überhaupt von der Existenz gar nicht die Frage, sondern von den Eigenschaften der Gegenstände an sich selbst, lediglich so fern diese mit dem Begriffe derselben verbunden sind.

 Wir haben in dem angeführten Beispiele nur deutlich zu machen gesucht, welcher grosse Unterschied zwischen dem discursiven Vernunftgebrauch nach Begriffen und dem intuitiven durch die Construction der Begriffe anzutreffen sey. Nun frägts sich natürlicher Weise, was die Ursache sey, die einen solchen zwiefachen Vernunftgebrauch nothwendig macht, und an welchen Bedingungen man erkennen könne, ob nur der erste, oder auch der zweite statt finde.

 Alle unsere Erkentniß bezieht sich doch zulezt auf mögliche Anschauungen: denn durch diese allein wird ein Gegenstand gegeben. Nun enthält ein Begriff a priori (ein nicht empirischer Begriff) entweder schon eine reine Anschauung in sich, und alsdenn kan er construirt werden, oder nichts, als die Synthesis möglicher Anschauungen, die a priori nicht gegeben sind, und alsdenn kan man

wol
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 719. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_719.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)