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713 Die Disciplin der reinen Vernunft im dogm. etc. 713

Gebrauche sich eben so glücklich und gründlich erweitern zu können, als es ihr im mathematischen gelungen ist, wenn sie vornemlich dieselbe Methode dort anwendet, die hier von so augenscheinlichem Nutzen gewesen ist. Es liegt uns also viel daran, zu wissen: ob die Methode, zur apodictischen Gewißheit zu gelangen, die man in der lezteren Wissenschaft mathematisch nent, mit derienigen einerley sey, womit man eben dieselbe Gewißheit in der Philosophie sucht, und die daselbst dogmatisch genant werden müßte.

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 Die philosophische Erkentniß ist die Vernunfterkentniß aus Begriffen, die mathematische aus der Construction der Begriffe. Einen Begriff aber construiren heißt: die ihm correspondirende Anschauung a priori darstellen. Zur Construction eines Begriffs wird also eine nicht empirische Anschauung erfordert, die folglich, als Anschauung, ein einzelnes Obiect ist, aber nichts destoweniger als die Construction eines Begriffs (einer allgemeinen Vorstellung), Allgemeingültigkeit für alle mögliche Anschauungen, die unter denselben Begriff gehören, in der Vorstellung ausdrücken muß. So construire ich einen Triangel, indem ich den, diesem Begriffe entsprechenden Gegenstand, entweder durch blosse Einbildung, in der reinen, oder nach derselben auch auf dem Papier, in der empirischen Anschauung, beide male aber völlig a priori, ohne das Muster dazu aus irgend einer Erfahrung geborgt zu haben, darstelle. Die einzelne hingezeichnete Figur ist

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 713. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_713.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)