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680 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptst. 680

Endabsicht der Ideen der reinen Vernunft, die nur durch Mißverstand und Unbehutsamkeit dialectisch werden, genau bestimmen. Die reine Vernunft ist in der That mit nichts, als sich selbst beschäftigt und kan auch kein anderes Geschäfte haben, weil ihr nicht die Gegenstände zur Einheit des Erfahrungsbegriffs, sondern die Verstandeserkentnisse zur Einheit des Vernunftbegriffs, d. i. des Zusammenhanges in einem Princip gegeben werden. Die Vernunfteinheit ist die Einheit des Systems, und diese systematische Einheit dient der Vernunft nicht obiectiv zu einem Grundsatze, um sie über die Gegenstände, sondern subiectiv als Maxime, um sie über alles mögliche empirische Erkentniß der Gegenstände zu verbreiten. Gleichwol befördert der systematische Zusammenhang, den die Vernunft dem empirischen Verstandesgebrauche geben kan, nicht allein dessen Ausbreitung, sondern bewährt auch zugleich die Richtigkeit desselben und das Principium einer solchen systematischen Einheit ist auch obiectiv, aber auf unbestimte Art (principium vagum) nicht als constitutives Princip, um etwas in Ansehung seines directen Gegenstandes zu bestimmen, sondern um, als blos regulativer Grundsatz und Maxime, den empirischen Gebrauch der Vernunft durch Eröfnung neuer Wege, die der Verstand nicht kent, ins Unendliche (Unbestimte) zu befördern und zu befestigen, ohne dabey iemals den Gesetzen des empirischen Gebrauchs im Mindesten zuwider zu seyn.

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Die
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 680. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_680.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)