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654 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptst. 654

selbst kein Begriff von Gattung, oder irgend ein allgemeiner Begriff, ia so gar kein Verstand statt finden, als der es lediglich mit solchen zu thun hat. Das logische Princip der Gattungen sezt also ein transscendentales voraus, wenn es auf Natur (darunter ich hier nur Gegenstände, die uns gegeben werden, verstehe) angewandt werden soll. Nach demselben wird in dem Mannigfaltigen einer möglichen Erfahrung nothwendig Gleichartigkeit vorausgesezt, (ob wir gleich ihren Grad a priori nicht bestimmen können), weil ohne dieselbe keine empirische Begriffe, mithin keine Erfahrung möglich wäre.

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 Dem logischen Princip der Gattungen, welches Identität postulirt, steht ein anderes, nemlich das der Arten entgegen, welches Mannigfaltigkeit und Verschiedenheiten der Dinge, unerachtet ihrer Uebereinstimmung unter derselben Gattung, bedarf und es dem Verstande zur Vorschrift macht, auf diese nicht weniger als auf iene aufmerksam zu seyn. Dieser Grundsatz (der Scharfsinnigkeit, oder des Unterscheidungsvermögens) schränkt den Leichtsinn des ersteren (des Witzes) sehr ein und die Vernunft zeigt hier ein doppeltes einander widerstreitendes Interesse, einerseits das Interesse des Umfanges (der Allgemeinheit) in Ansehung der Gattungen, andererseits des Inhalts (der Bestimtheit), in Absicht auf die Mannigfaltigkeit der Arten, weil der Verstand im ersteren Falle zwar viel unter seinen Begriffen, im zweiten aber desto mehr in denselben denkt. Auch äussert sich dieses

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 654. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_654.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)