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615 V. Absch. Unmöglichkeit eines cosmol. Beweises etc. 615

und verläßt so gar diese Anleitung, um sich auf lauter reine Begriffe zu stützen. Was ist nun in diesen transscendentalen Beweisen die Ursache des dialectischen, aber natürlichen Scheins, welcher die Begriffe der Nothwendigkeit und höchsten Realität verknüpft und dasienige, was doch nur Idee seyn kan, realisirt und hypostasirt? Was ist die Ursache der Unvermeidlichkeit, etwas als an sich nothwendig unter den existirenden Dingen anzunehmen, und doch zugleich von dem Daseyn eines solchen Wesens als einem Abgrunde zurückzubeben, und wie fängt man es an, daß sich die Vernunft hierüber selbst verstehe und aus dem schwankenden Zustande eines schüchternen und immer wiederum zurückgenommenen Beifalls, zur ruhigen Einsicht gelange?

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 Es ist etwas überaus Merkwürdiges: daß, wenn man voraussezt, etwas existire, man der Folgerung nicht Umgang haben kann: daß auch irgend etwas nothwendigerweise existire. Auf diesem ganz natürlichen (obzwar darum noch nicht sicheren) Schlusse beruhete das cosmologische Argument. Dagegen mag ich einen Begriff von einem Dinge annehmen, welchen ich will, so finde ich, daß sein Daseyn niemals von mir als schlechterdings nothwendig vorgestellt werden könne, und daß mich nichts hindere, es mag existiren was da wolle, das Nichtseyn desselben zu denken, mithin ich zwar zu dem Existirenden überhaupt etwas Nothwendiges annehmen müsse, kein einziges Ding aber selbst, als an sich nothwendig, denken könne: Das

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 615. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_615.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)