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608 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptst. 608

der Möglichkeit eines absolutnothwendigen Wesens enthalte. Ist aber auf solche Weise nur die Möglichkeit eines solchen Wesens eingesehen, so ist auch sein Daseyn dargethan; denn es heißt so viel, als: unter allem Möglichen ist Eines, das absolute Nothwendigkeit bey sich führt, d. i. dieses Wesen existirt schlechterdingsnothwendig.

 Alle Blendwerke im Schliessen entdecken sich am leichtesten, wenn man sie auf schulgerechte Art vor Augen stellt. Hier ist eine solche Darstellung.

 Wenn der Satz richtig ist: ein iedes schlechthinnothwendiges Wesen ist zugleich das allerrealeste Wesen (als welches der neruus probandi des cosmologischen Beweises ist), so muß er sich, wie alle beiahende Urtheile, wenigstens per accidens umkehren lassen; also einige allerrealeste Wesen sind zugleich schlechthinnothwendige Wesen. Nun ist aber ein ens realissimum von einem anderen in keinem Stücke unterschieden und, was also von einigen unter diesem Begriffe enthaltenen gilt, das gilt auch von allen. Mithin werde ich (in diesem Falle) auch schlechthin umkehren können, d. i. ein iedes allerrealste Wesen ist ein nothwendiges Wesen. Weil nun dieser Satz blos aus seinen Begriffen a priori bestimt ist: so muß der blosse Begriff des realesten Wesens auch die absolute Nothwendigkeit desselben bey sich führen, welches eben der ontologische Beweis behauptete und der cosmologische nicht anerkennen

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 608. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_608.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)