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568 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptst. 568

Vollständigkeit, zu welcher keine mögliche empirische Erkentniß zulangt, und die Vernunft hat dabey nur eine systematische Einheit im Sinne, welcher sie die empirischmögliche Einheit zu nähern sucht, ohne sie iemals völlig zu erreichen.

 Aber noch weiter, als die Idee, scheint dasienige von der obiectiven Realität entfernt zu seyn, was ich das Ideal nenne, und worunter ich die Idee, nicht blos in concreto, sondern in indiuiduo, d. i. als ein einzelnes, durch die Idee allein bestimbares, oder gar bestimtes Ding, verstehe.

 Die Menschheit in ihrer ganzen Vollkommenheit, enthält nicht allein die Erweiterung aller zu dieser Natur gehörigen wesentlichen Eigenschaften, welche unseren Begriff von derselben ausmachen, bis zur vollständigen Congruenz mit ihren Zwecken, welches unsere Idee der vollkommenen Menschheit seyn würde, sondern auch alles, was ausser diesem Begriffe zu der durchgängigen Bestimmung der Idee gehöret; denn von allen entgegengesezten Prädicaten kan sich doch nur ein einziges zu der Idee des vollkommensten Menschen schicken. Was uns ein Ideal ist, war dem Plato eine Idee des göttlichen Verstandes, ein einzelner Gegenstand in der reinen Anschauung desselben, das Vollkommenste einer ieden Art möglicher Wesen und der Urgrund aller Nachbilder in der Erscheinung.

Ohne
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 568. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_568.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)