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490 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptst. 490

dialectischen Schulen gehörete auch diese Frage: wenn eine Kugel nicht durch ein Loch geht, was soll man sagen: Ist die Kugel zu groß, oder das Loch zu klein? In diesem Falle ist es gleichgültig, wie ihr euch ausdrücken wollt; denn ihr wißt nicht, welches von beiden um des anderen willen da ist. Dagegen werdet ihr nicht sagen: der Mann ist vor sein Kleid zu lang, sondern das Kleid ist vor den Mann zu kurz.

 Wir sind also wenigstens auf den gegründeten Verdacht gebracht: daß die cosmologischen Ideen, und, mit ihnen alle unter einander in Streit gesezte vernünftelnde Behauptungen, vielleicht einen leeren und blos eingebildeten Begriff, von der Art, wie uns der Gegenstand dieser Ideen gegeben wird, zum Grunde liegen haben, und dieser Verdacht kan uns schon auf die rechte Spur führen, das Blendwerk zu entdecken, was uns so lange irre geführt hat.


Der
Antinomie der reinen Vernunft
Sechster Abschnitt.
Der transscendentale Idealism, als der Schlüssel
zu Auflösung der cosmologischen Dialectik.

Wir haben in der transscendentalen Aesthetik hinreichend bewiesen: daß alles, was im Raume oder der Zeit angeschauet wird, mithin alle Gegenstände einer uns möglichen Erfahrung, nichts als Erscheinungen, d. i.

blosse
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 490. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_490.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)