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487 V. Absch. Sceptische Vorstellung aller cosmol. etc. 487

klein. Denn, weil der Anfang noch immer eine Zeit, die vorhergeht, voraussezt, so ist er noch nicht unbedingt, und das Gesetz des empirischen Gebrauchs des Verstandes legt es euch auf, noch nach einer höheren Zeitbedingung zu fragen, und die Welt ist also offenbar vor dieses Gesetz zu klein.

 Eben so ist es mit der doppelten Beantwortung der Frage, wegen der Weltgrösse, dem Raum nach, bewandt. Denn ist sie unendlich und unbegränzt, so ist sie vor allen möglichen empirischen Begriff zu groß. Ist sie endlich und begränzt, so fragt ihr mit Recht noch, was bestimt diese Gränze? Der leere Raum ist nicht ein vor sich bestehendes Correlatum der Dinge und kan keine Bedingung seyn, bey der ihr stehen bleiben könnet, noch viel weniger eine empirische Bedingung, die einen Theil einer möglichen Erfahrung ausmachte (denn wer kan eine Erfahrung vom Schlechthinleeren haben). Zur absoluten Totalität aber der empirischen Synthesis wird iederzeit erfodert, daß das Unbedingte ein Erfahrungsbegriff sey. Also ist eine begränzte Welt vor euren Begriff zu klein.

 Zweitens, besteht iede Erscheinung im Raume (Materie) aus unendlich viel Theilen, so ist der Regressus der Theilung vor euren Begriff iederzeit zu groß, und soll die Theilung des Raumes irgend bey einem Gliede derselben (dem Einfachen) aufhören, so ist er vor die Idee des Unbedingten zu klein. Denn dieses Glied läßt noch immer

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 487. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_487.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)