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und alle absolute Nothwendigkeit, gänzlich wegfällt. Indessen ist die Schlußart in beiden, selbst der gemeinen Menschenvernunft ganz angemessen, welche mehrmalen in den Fall geräth, sich mit sich selbst zu entzweien, nachdem sie ihren Gegenstand aus zwey verschiedenen Standpuncten erwägt. Herr von Mairan hielt den Streit zweier berühmter Astronomen, der aus einer ähnlichen Schwierigkeit über die Wahl des Standpuncts entsprang, vor ein gnugsam merkwürdiges Phänomen, um darüber eine besondere Abhandlung abzufassen. Der eine schloß nemlich so: der Mond drehet sich um seine Achse, darum, weil er der Erde beständig dieselbe Seite zukehrt, der andere: der Mond dreht sich nicht um seine Achse, eben darum, weil er der Erde beständig dieselbe Seite zukehrt. Beide Schlüsse waren richtig, nachdem man den Standpunct nahm, aus dem man die Mondsbewegung beobachten wollte.


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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 461. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_461.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)