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der reinen Vernunft
der transscendentalen Ideen.
Antithesis.

 Kein zusammengeseztes Ding in der Welt besteht aus einfachen Theilen und es existirt überall nichts Einfaches in derselben.


Beweis.

 Setzet: ein zusammengeseztes Ding (als Substanz) bestehe aus einfachen Theilen. Weil alles äussere Verhältniß, mithin auch alle Zusammensetzung aus Substanzen nur im Raume möglich ist: so muß, aus so viel Theilen das Zusammengesezte besteht, aus eben so viel Theilen auch der Raum bestehen, den es einnimt. Nun besteht der Raum nicht aus einfachen Theilen, sondern aus Räumen. Also muß ieder Theil des Zusammengesezten einen Raum einnehmen. Die schlechthin ersten Theile aber alles Zusammengesezten sind einfach. Also nimt das Einfache einen Raum ein. Da nun alles Reale, was einen Raum einnimt, ein ausserhalb einander befindliches Mannigfaltige in sich fasset, mithin zusammengesezt ist, und zwar als ein reales Zusammengesezte, nicht aus Accidenzen, (denn die können nicht ohne Substanz ausser einander seyn), mithin aus Substanzen, so würde das Einfache ein substanzielles Zusammengesezte seyn, welches sich widerspricht.

 Der zweite Satz der Antithesis, daß in der Welt gar nichts Einfaches existire, soll hier nur so viel bedeuten

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 435. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_435.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)