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397 I. Hauptst. V. d. Paralogismen d. r. Vernunft. 397

drey Fälle des dialectischen Gebrauchs der reinen Vernunft geben,

 1. Die Synthesis der Bedingungen eines Gedankens überhaupt,

 2. Die Synthesis der Bedingungen des empirischen Denkens.

 3. Die Synthesis der Bedingungen des reinen Denkens.

 In allen diesen dreien Fällen beschäftigt sich die reine Vernunft blos mit der absoluten Totalität dieser Synthesis, d. i. mit derienigen Bedingung, die selbst unbedingt ist. Auf diese Eintheilung gründet sich auch der dreifache transscendentale Schein, der zu drey Abschnitten der Dialectik Anlaß giebt, und zu eben so viel scheinbaren Wissenschaften aus reiner Vernunft, der transscendentalen Psychologie, Cosmologie und Theologie, die Idee an die Hand giebt. Wir haben es hier nur mit der ersteren zu thun.

 Weil wir beym Denken überhaupt von aller Beziehung des Gedanken auf irgend ein Obiect (es sey der Sinne oder des reinen Verstandes) abstrahiren: so ist die Synthesis der Bedingungen eines Gedanken überhaupt (no. 1) gar nicht obiectiv, sondern blos eine Synthesis des Gedanken mit dem Subiect, die aber fälschlich vor eine synthetische Vorstellung eines Obiects gehalten wird.

 Es folgt aber auch hieraus: daß der dialectische Schluß auf die Bedingung alles Denkes überhaupt, die selbst unbedingt ist, nicht einen Fehler im Inhalte begehe, (denn er abstrahirt von allem Inhalte oder Obiecte) sondern,

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 397. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_397.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)