Seite:Kant Critik der reinen Vernunft 360.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
360 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. 360

denken, d. i. eben dasselbe, was als äussere Erscheinung, ausgedehnt ist, innerlich (an sich selbst) ein Subiect sey, was nicht zusammengesezt, sondern einfach ist und denkt.

 Aber, ohne dergleichen Hypothesen zu erlauben, kan man allgemein bemerken: daß, wenn ich unter Seele ein denkend Wesen an sich selbst verstehe, die Frage an sich schon unschicklich sey: ob sie nemlich mit der Materie (die gar kein Ding an sich selbst, sondern nur eine Art Vorstellungen in uns ist) von gleicher Art sey, oder nicht; denn das versteht sich schon von selbst, daß ein Ding an sich selbst von anderer Natur sey, als die Bestimmungen, die blos seinen Zustand ausmachen.

 Vergleichen wir aber das denkende Ich nicht mit der Materie, sondern mit dem Intelligibelen, welches der äusseren Erscheinung, die wir Materie nennen, zum Grunde liegt: so können wir, weil wir vom lezteren gar nichts wissen, auch nicht sagen: daß die Seele sich von diesem irgend worin innerlich unterscheide.

 So ist demnach das einfache Bewustseyn keine Kentniß der einfachen Natur unseres Subiects, in so fern, als dieses dadurch von der Materie, als einem zusammengesezten Wesen, unterschieden werden soll.

 Wenn dieser Begriff aber dazu nicht taugt, ihn in dem einzigen Falle, da er brauchbar ist, nemlich in der Vergleichung meiner selbst mit Gegenständen äusserer Erfahrung, das Eigenthümliche und Unterscheidende seiner Natur zu bestimmen, so mag man immer zu wissen vorgeben:

ben:
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 360. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_360.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)