Seite:Kant Critik der reinen Vernunft 355.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
355 I. Hauptst. V. d. Paralogismen d. r. Vernunft. 355

Ausdruck der Apperception angesehen werden, so wie der vermeintliche cartesianische Schluß, cogito, ergo sum, in der That tavtologisch ist, indem das cogito (sum cogitans) die Wirklichkeit unmittelbar aussagt. Ich bin einfach, bedeutet aber nichts mehr, als daß diese Vorstellung: Ich, nicht die mindeste Mannigfaltigkeit in sich fasse, und daß sie absolute (obzwar blos logische) Einheit sey.

 Also ist der so berühmte psychologische Beweis lediglich auf der untheilbaren Einheit einer Vorstellung, die nur das Verbum in Ansehung einer Person dirigirt, gegründet. Es ist aber offenbar: daß das Subiect der Inhärenz durch das dem Gedanken angehängte Ich nur transscendental bezeichnet werde, ohne die mindeste Eigenschaft desselben zu bemerken, oder überhaupt etwas von ihm zu kennen, oder zu wissen. Es bedeutet ein Etwas überhaupt (transscendentales Subiect), dessen Vorstellung allerdings einfach seyn muß, eben darum, weil man gar nichts an ihm bestimt, wie denn gewiß nichts einfacher vorgestellt werden kan, als durch den Begriff von einem blossen Etwas. Die Einfachheit aber der Vorstellung von einem Subiect ist darum nicht eine Erkentniß von der Einfachheit des Subiects selbst, denn von dessen Eigenschaften wird gänzlich abstrahirt, wenn es lediglich durch den an Inhalt gänzlich leeren Ausdruck Ich, (welchen ich auf iedes denkende Subiect anwenden kan), bezeichnet wird.

So Z 2 So
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 355. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_355.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)