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337 III. Absch. System der transcendent. Ideen. 337

Bedingten aber, giebt es zwar einen weit erstrekten logischen Gebrauch, den unsere Vernunft von den Verstandesgesetzen macht, aber gar keinen transscendentalen, und, wenn wir uns von der absoluten Totalität einer solchen Synthesis (des progressus) eine Idee machen, z. B. von der ganzen Reihe aller künftigen Weltveränderungen, so ist dieses ein Gedankending (ens rationis), welches nur willkürlich gedacht, und nicht durch die Vernunft nothwendig vorausgesezt wird. Denn zur Möglichkeit des Bedingten wird zwar die Totalität seiner Bedingungen, aber nicht seiner Folgen vorausgesezt. Folglich ist ein solcher Begriff keine transscendentale Idee, mit der wir es doch hier lediglich zu thun haben.

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 Zulezt wird man auch gewahr: daß unter den transscendentalen Ideen selbst ein gewisser Zusammenhang und Einheit hervorleuchte, und daß die reine Vernunft, vermittelst ihrer, alle ihre Erkentnisse in ein System bringe. Von der Erkentniß seiner selbst (der Seele) zur Welterkentniß, und, vermittelst dieser, zum Urwesen fortzugehen, ist ein so natürlicher Fortschritt, daß er dem logischen Fortgange der Vernunft, von den Prämissen zum Schlußsatze ähnlich scheint. Ob nun hier wirklich eine Verwandschaft von der Art, als zwischen dem logischen und transscendentalen Verfahren, in geheim zum Grunde liege, ist auch eine von den Fragen, deren Beantwortung man in dem Verfolg dieser Untersuchungen allererst erwarten muß.

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 337. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_337.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)