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331 II. Absch. Von den transscendent. Ideen. 331

sind die Cörper veränderlich, so bin ich durch eine Reihe von Bedingungen (Prämissen) zu einer Erkentniß (Conclusion) gelanget. Nun läßt sich eine iede Reihe, deren Exponent (des categorischen oder hypothetischen Urtheils) gegeben ist, fortsetzen, mithin führt eben dieselbe Vernunfthandlung zur ratiocinatio polysyllogistica, welches eine Reihe von Schlüssen ist, die entweder auf die Seite der Bedingungen (per prosyllogismos), oder des Bedingten (per episyllogismos), in unbestimmte Weiten fortgesetzet werden kan.

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 Man wird aber bald inne: daß die Kette, oder Reihe der Prosyllogismen, d. i. der gefolgerten Erkentnisse auf der Seite der Gründe, oder der Bedingungen zu einem gegebenen Erkentniß, mit andern Worten: die aufsteigende Reihe der Vernunftschlüsse, sich gegen das Vernunftvermögen doch anders verhalten müsse, als die absteigende Reihe, d. i. der Fortgang der Vernunft auf der Seite des Bedingten durch Episyllogismen. Denn, da im ersteren Falle das Erkentniß (conclusio) nur als bedingt gegeben ist: so kan man zu demselben vermittelst der Vernunft nicht anders gelangen, als wenigstens unter der Voraussetzung: daß alle Glieder der Reihe auf der Seite der Bedingungen gegeben sind, (Totalität in der Reihe der Prämissen) weil nur unter deren Voraussetzung das vorliegende Urtheil a priori möglich ist; dagegen auf der Seite des Bedingten, oder der Folgerungen, nur eine werdende

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_331.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)