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288 Elementarl. II. Th. I. Abth. II.Buch. Anhang. 288

welche Frage nur unbestimt beantwortet werden kan, nemlich: daß, weil die sinnliche Anschauung nicht auf alle Dinge ohne Unterschied geht, für mehr und andere Gegenstände Platz übrig bleibe, sie also nicht schlechthin abgeläugnet, in Ermangelung eines bestimten Begriffs aber, (da keine Categorie dazu tauglich ist) auch nicht als Gegenstände vor unsern Verstand behauptet werden können.

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 Der Verstand begränzt demnach die Sinnlichkeit, ohne darum sein eigenes Feld zu erweitern, und, indem er iene warnet, daß sie sich nicht anmasse, auf Dinge an sich selbst zu gehen, sondern lediglich auf Erscheinungen, so denkt er sich einen Gegenstand an sich selbst, aber nur als transscendentales Obiect, das die Ursache der Erscheinung (mithin selbst nicht Erscheinung) ist, und weder als Grösse, noch als Realität, noch als Substanz etc. gedacht werden kan, (weil diese Begriffe immer sinnliche Formen, erfordern, in denen sie einen Gegenstand bestimmen) wovon also völlig unbekant ist, ob es in uns, oder auch ausser uns anzutreffen sey, ob es mit der Sinnlichkeit zugleich aufgehoben werden, oder, wenn wir iene wegnehmen, noch übrig bleiben würde. Wollen wir dieses Obiect Noumenon nennen, darum, weil die Vorstellung von ihm nicht sinnlich ist, so steht dieses uns frey. Da wir aber keine von unseren Verstandesbegriffen darauf anwenden können, so bleibt diese Vorstellung doch vor uns leer, und dient zu nichts, als die Gränzen unserer sinnlichen Erkentniß zu

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_288.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)