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222 Elementarl. II. Th. I. Abth. II.Buch. II. Hauptst. 222

Realität, d. i. ihre transscendentale Wahrheit, und zwar freilich unabhängig von der Erfahrung, aber doch nicht unabhängig von aller Beziehung auf die Form einer Erfahrung überhaupt, und die synthetische Einheit, in der allein Gegenstände empirisch können erkant werden.

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 Wenn man sich aber gar neue Begriffe von Substanzen, von Kräften, von Wechselwirkungen, aus dem Stoffe, den uns die Wahrnehmung darbietet, machen wollte, ohne von der Erfahrung selbst das Beyspiel ihrer Verknüpfung zu entlehnen; so würde man in lauter Hirngespinste gerathen, deren Möglichkeit ganz und gar kein Kennzeichen vor sich hat, weil man bey ihnen nicht Erfahrung zur Lehrerin annimt, noch diese Begriffe von ihr entlehnt. Dergleichen gedichtete Begriffe können den Charakter ihrer Möglichkeit nicht so, wie die Categorien, a priori, als Bedingungen, von denen alle Erfahrung abhängt, sondern nur a posteriori, als solche, die durch die Erfahrung selbst gegeben werden, bekommen, und ihre Möglichkeit muß entweder a posteriori und empirisch, oder sie kan gar nicht erkant werden. Eine Substanz, welche beharrlich im Raume gegenwärtig wäre, doch ohne ihn zu erfüllen, (wie dasienige Mittelding zwischen Materie und denkenden Wesen, welches einige haben einführen wollen) oder eine besondere Grundkraft unseres Gemüths, das Künftige zum voraus anzuschauen (nicht etwa blos zu folgern), oder endlich ein Vermögen desselben, mit andern Menschen in Gemeinschaft der Gedanken zu stehen (so entfernt sie auch seyn mögen),

das
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_222.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)