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154 Elementarl. II. Th. I. Abth. II.Buch. II. Hauptst. 154
Des
Systems der Grundsätze des reinen Verstandes
Zweiter Abschnitt.
Von dem obersten Grundsatze
aller synthetischen Urtheile.


Die Erklärung der Möglichkeit synthetischer Urtheile, ist eine Aufgabe, mit der die allgemeine Logik gar nichts zu schaffen hat, die auch so gar ihren Namen nicht einmal kennen darf. Sie ist aber in einer transscendentalen Logik das wichtigste Geschäfte unter allen, und sogar das einzige, wenn von der Möglichkeit synthetischer Urtheile a priori die Rede ist, imgleichen den Bedingungen und dem Umfange ihrer Gültigkeit. Denn nach Vollendung desselben, kan sie ihrem Zwecke, nemlich den Umfang und die Grenzen des reinen Verstandes zu bestimmen, vollkommen ein Gnüge thun.

 Im analytischen Urtheile bleibe ich bey dem gegebenen Begriffe, um etwas von ihm auszumachen. Soll es beiahend seyn, so lege ich diesem Begriffe nur dasienige bey, was in ihm schon gedacht war; soll es verneinend seyn, so schliesse ich nur das Gegentheil desselben von ihm aus. In synthetischen Urtheilen aber soll ich aus dem gegebenen Begriff hinausgehen, um etwas ganz anderes, als in ihm gedacht war, mit demselben in Verhältniß zu betrachten, welches daher niemals, weder ein Verhältniß der Identität, noch des Widerspruchs ist, und wobey dem

Ur-
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_154.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)