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96 Elementarl. II. Th. I. Abth. I.Buch. II. Hauptst. 96

a priori seyn, worauf die Möglichkeit der Erfahrung ankomt, und die ihr zum Grunde liegen, wenn man gleich von allem Empirischen der Erscheinungen abstrahiret. Ein Begriff, der diese formale und obiective Bedingung der Erfahrung allgemein und zureichend ausdrückt, würde ein reiner Verstandesbegriff heissen. Habe ich einmal reine Verstandesbegriffe, so kan ich auch wohl Gegenstände erdenken, die vielleicht unmöglich, vielleicht zwar an sich möglich, aber in keiner Erfahrung gegeben werden können, indem in der Verknüpfung iener Begriffe etwas weggelassen seyn kan, was doch zur Bedingung einer möglichen Erfahrung nothwendig gehöret, (Begriff eines Geistes) oder etwa reine Verstandesbegriffe weiter ausgedehnet werden, als Erfahrung fassen kan (Begriff von Gott). Die Elemente aber zu allen Erkentnissen a priori selbst zu willkührlichen und ungereimten Erdichtungen können zwar nicht von der Erfahrung entlehnt seyn, (denn sonst wären sie nicht Erkentnisse a priori) sie müssen aber iederzeit die reine Bedingungen a priori einer möglichen Erfahrung und eines Gegenstandes derselben enthalten, denn sonst würde nicht allein durch sie gar nichts gedacht werden, sondern sie selber würden ohne Data auch nicht einmal im Denken entstehen können.

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 Diese Begriffe nun, welche a priori das reine Denken bey ieder Erfahrung enthalten, finden wir an den Categorien, und es ist schon eine hinreichende Deduction derselben, und Rechtfertigung ihrer obiectiven Gültigkeit,

wenn
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 096. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_096.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)