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86 Elementarl. II. Th. I. Abth. I.Buch. II. Hauptst. 86

liegt, daß sie sich auf ihre Gegenstände beziehen, ohne etwas zu deren Vorstellung aus der Erfahrung entlehnt zu haben. Wenn also eine Deduction derselben nöthig ist, so wird sie iederzeit transscendental seyn müssen.

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 Indessen kan man von diesen Begriffen, wie von allem Erkentniß, wo nicht das Principium ihrer Möglichkeit, doch die Gelegenheitsursachen ihrer Erzeugung in der Erfahrung aufsuchen, wo alsdenn die Eindrücke der Sinne den ersten Anlaß geben, die ganze Erkentnißkraft in Ansehung ihrer zu eröfnen, und Erfahrung zu Stande zu bringen, die zwey sehr ungleichartige Elemente enthält, nemlich, eine Materie zur Erkentniß aus den Sinnen, und eine gewisse Form, sie zu ordnen, aus dem innern Quell des reinen Anschauens und Denkens, die, bey Gelegenheit der ersteren, zuerst in Ausübung gebracht werden, und Begriffe hervorbringen. Ein solches Nachspühren der ersten Bestrebungen unserer Erkentnißkraft, um von einzelnen Wahrnehmungen zu allgemeinen Begriffen zu steigen, hat ohne Zweifel seinen grossen Nutzen, und man hat es dem berühmten Locke zu verdanken, daß er dazu zuerst den Weg eröfnet hat. Allein eine Deduction der reinen Begriffe a priori komt dadurch niemals zu Stande, denn sie liegt ganz und gar nicht auf diesem Wege, weil in Ansehung ihres künftigen Gebrauchs, der von der Erfahrung gänzlich unabhängig seyn soll, sie einen ganz andern Geburtsbrief, als den der Abstammung von Erfahrungen, müssen aufzuzeigen haben. Diese versuchte

physi-
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 086. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_086.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)