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75 II. Abschn. Von der log. Function in Urtheilen. 75

betrachtet wird. Apodictische, in denen man es als nothwendig ansieht[1]. So sind die beyden Urtheile, deren Verhältniß das hypothetische Urtheil ausmacht, (antec. und consequ.) imgleichen in deren Wechselwirkung das Disiunctive besteht, (Glieder der Eintheilung) insgesamt nur problematisch. In dem obigen Beyspiel wird der Satz: es ist eine vollkommene Gerechtigkeit da, nicht assertorisch gesagt, sondern nur als ein beliebiges Urtheil, wovon es möglich ist, daß iemand es annehme, gedacht, und nur die Consequenz ist assertorisch. Daher können solche Urtheile auch offenbar falsch seyn, und doch, problematisch genommen, Bedingungen der Erkentniß der Wahrheit seyn. So ist das Urtheil: die Welt ist durch blinden Zufall da, in dem disiunctiven Urtheil nur von problematischer Bedeutung, nemlich, daß iemand diesen Satz etwa auf einen Augenblick annehmen möge, und dient doch, (wie die Verzeichnung des falschen Weges, unter der Zahl aller derer, die man nehmen kan,) den wahren zu finden. Der problematische Satz ist also derienige, der nur logische Möglichkeit, (die nicht obiectiv ist) ausdruckt, d. i. eine freye Wahl einen solchen Satz gelten zu lassen, eine blos willkührliche Aufnehmung desselben in den Verstand. Der assertorische sagt von logischer Wirklichkeit oder Wahrheit, wie etwa in einem hypothetischen Vernunftschluß

das

  1. Gleich, als wenn das Denken im ersten Fall eine Function des Verstandes, im zweyten der Urtheilskraft, im dritten der Vernunft wäre. Eine Bemerkung, die erst in der Folge ihre Aufklärung erwartet.
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 075. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_075.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)