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Voltaire: Kandide. Erster Theil

des Nobile Pococuranté an. Die Gärten waren sehr weites Umfangs, und mit treflichen marmornen Bildsäulen ausgeschmükt, der Pallast im schönsten neusten Geschmak erbaut. Der Herr vom Hause, ein Sechziger, und steinreich, nam unsre beiden Neugierigen mit ungemeiner Höflichkeit, zugleich aber mit wahrer hofmännischer Kälte auf, was Kandiden nicht wenig stuzig machte, Martinen aber gar nicht misbehagte.

Zwei niedliche, wohlgekleidete Mädchen trugen Schokolat’ auf, die sie zum perlendsten Schaum zerquirleten. Kandide konnte nicht umhin, sie wegen ihrer Schönheit, wegen ihres Anstandes, und wegen ihrer Gewandtheit zu loben.

Sind so ziemlich gute Krabben! sagte Senator Pococuranté. Manchmal nem’ ich sie mit in’s Bette. Denn Eurer Stadtdamen bin ich überdrüssig; ich kann ihre Kokettereien, Eifersüchteleien, Kritteleien, Launen, Aufblasereien und Albereien unmöglich aushalten, und ihre ewige Bestellereien von Liedchen, selbst, oder von irgend einem Mietspoeten gemacht. Doch bei alle dem werden mir auch diese Dirnen schon höchst unleidlich.

Nach dem Frühstük besahen sie die Bildergallerie; einen sehr grossen geräumigen Saal

Voll Menschen Glut und Geistes.

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_161.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)