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Voltaire: Kandide. Erster Theil

für sich selbst weg; findet er sie nicht, so wirft er seinen wohlbespikten Köder einem andern Dirnchen in den Rachen. Mein Rat ist der: Schlagen Sie Sich alle Beide aus dem Sinn; Ihren Kerl den Kakambo, und Ihre Geliebte, die Barones Kunegunde.

Martin war kein guter Tröster, auch wuchs Kandiden’s Schwermut täglich, und täglich rieb ihm der Manichäer die Ohren mit dem Beweise, daß es in der Welt nur wenig Tugend, wenig Glük gäbe, ausgenommen etwa im Eldorado, wo Niemand hinkönnte.

Eines Tages, wie sie über diese wichtige Materie stritten und Kunegunden noch immer erwartend, über den St. Markusplaz gingen, ward Kandide einen jungen Theatiner gewahr, der ein Mädchen unterm Arm hatte. Der Theatiner war ein frischblühender, feister, herkulischer Gesell, mit kühnumschauendem Adlerblik, stolzer Mine und kekkem Gange. Sein Liebchen, ein gar niedliches Ding, schäkerte singend neben ihm her, warf den vollen Blik der Liebe auf ihren Theatiner, und knif ihm manchmal in die runden, vollen Bakken.

Nun, diese beiden Leute werden Sie doch wohl für glüklich erklären, sagte Kandide zu Martin; auf der ganzen bewohnten Erdkugel hab’ ich, ausgenommen im Eldorade, nichts als

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_152.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)