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Freude aus dem Zahn des Hechtes,
Aus des Fisches Gräte wecken.“
     Selbst der Schmieder Ilmarinen
War voll großer Angst des Herzens,
Redet’ Worte solcher Weise:
„Weh mir Armen ob des Schicksals,
Daß ich auf das Meer gegangen,
Auf die weitgestreckte Öde,
Daß ich trat auf Holz, das rollet,

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Auf die Äste, die so zittern!

Früher sah mein Haar schon Winde,
Lernt’ es starke Stürme kennen,
Und mein Bart sah böse Tage
Hier auf diesen Wasserstrecken,
Selten hat er doch gesehen,
Früher einen Sturm gleich diesem,
Solche wallungsreiche Fluthen,
Solche schaumbedeckte Wogen;
Schon dient mir der Wind als Zuflucht,

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Gnade leihen mir die Wogen.“

     Wäinämöinen alt und wahrhaft
Sagte darauf seine Meinung:
„Weinen soll man nicht im Boote,
In dem Nachen niemals jammern,
Nimmer hilft aus Unglück Weinen,
Jammern nie aus bösen Tagen.“
     Redet darauf diese Worte,
Läßt sich selber also hören:
„Fluth, gebiete deinen Söhnen,

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Woge, du auch deinen Kindern,

Ahto, laß die Wellen sinken,
Wellamo, das Volk des Wassers,
Daß es nicht den Rand besprütze,
Nicht die Rippen meines Nachens!“
     „Steige, Wind, empor zum Himmel,
Hebe fort dich zum Gewölke,
Zum Geschlecht, wo du geboren,
Zu der Sippschaft der Verwandten!
Stürze nicht das Boot von Planken,

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Kehr’ nicht um den Tannennachen,

Fälle Bäume in dem Walde,
Beuge Fichten auf den Höhen!“
     Selbst der muntre Lemminkäinen,
Dieser schöne Kaukomieli,
Redet Worte solcher Weise:
„Komm, o Aar, du Turjaländer,
Komm und bringe drei der Federn,
Drei, o Aar, und zwei, o Rabe,
Zu dem Schutz des kleinen Bootes,

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An den Rand des schlechten Nachens.

     Füget selbst zum Rand die Leisten,
Macht zurecht die Seitenbretter,
Fügt hinzu noch andre Ränder
Von der Höhe eines Klafters,
Ohne daß die Wogen drüber
An die Kanten sprühen konnten.
     Wohl gerüstet war der Nachen,
Wohl versehen jetzt mit Rändern,
Daß der wilde Sturm ihn wiegen,

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Ihn die Wogen werfen könnten,

Wenn er durch den Schaum der Wogen,
Durch die hohen Wellen wandert.

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_250.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)