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     „Oftmals hat der gute Hauswirth
Schon zur Zeit des frühsten Morgens
Eh’ die andern sich erhoben,
Von dem Dorfe ungehöret
Von dem Feuer sich erhoben,
Aus der Reiserhütte tretend,
Zweige kämmten ihm die Haare,
Thau wusch ihm die hübschen Augen.“
     „So erlangt der gute Hauswirth

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Freunde zu sich in die Stube,

Seine Bänke voll von Sängern,
Seine Fenster voll von Freud’gen,
Seinen Boden voll von Sprechern,
Die Verschläge voll von Lärmern,
Seine Wände voll von Stehern,
Seine Zäune voll von Wandrern,
Seinen langen Hof voll Geher,
Voll Durchschreitender das Grundstück.“
     „Früher mußt’ den Wirth ich preisen,

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Darauf erst die liebe Wirthin,

Die die Speisen angefertigt,
Die den langen Tisch gefüllet.“
     „Dicke Bröte hat gebacken,
Kräft’gen Brei sie uns geklopfet
Mit den leichtbewegten Armen,
Mit der Zehnzahl ihrer Finger,
Ließ gar schön die Bröte steigen,
Speiste ihre Gäste reichlich
Mit des Schweinefleisches Fülle,

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Mit dem schönen Schmandschaumkuchen,

Krummgebogen ward die Schneide,
Abgedrückt der Schaft des Messers,
Als die Lachsesköpf’ zerstückelt,
Bei der Hechtesköpfe Spalten.“
     „Oftmals ist die gute Wirthin,
Ist die Hausfrau voller Umsicht
Vor dem Hahne aufgestanden,
Vor der Henne Sohn geeilet,
Um zur Hochzeit anzurichten,

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Um die Arbeiten zu machen,

Um den Hefen zu bereiten,
Um die Biere gut zu brauen.“
     „Trefflich hat die gute Wirthin
Hat die Hausfrau voller Umsicht
Dieses Bier für uns bereitet,
Ließ den süßen Trank sie fließen
Aus dem keimereichen Korne,
Aus dem süßgewürzten Malze,
Das sie nicht mit Holz gerühret,

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Mit der Stange nicht durchwühlet,

Sondern mit der Hand gewendet,
Umgekehret mit den Armen
In der raucherfüllten Badstub’,
Auf den gutgekehrten Brettern.“
     „Auch nicht ließ die gute Wirthin,
Sie, die Hausfrau voller Umsicht,
Diese Keim’ zum Aufbruch kommen,
Nicht das Malz nach Erde schmecken,
Ging gar oftmals in die Badstub’,

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Um die Mitternacht alleine,

Hatte vor dem Wolf kein Bangen,
Fürchtet’ nicht des Waldes Raubthier.“
     „Hab’ gelobet nun die Wirthin,
Werde nun den Werber loben!
Wer wohl ward gewählt zum Werber,
Wer gewählt den Weg zu weisen?
Werber ist im Dorf der Beste,
Wie des Dorfes Glück der Führer.“
     „Unser Werber ist bekleidet

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Mit dem Rocke aus der Fremde,

Schließet eng ihm an den Armen,
Sitzet trefflich an dem Leibe.“
     „Unser Werber ist bekleidet
Mit dem engen Oberrocke,
Schleppet mit dem Saum im Sande,
Mit der Schleppe auf den Fluren.“
     „Etwas kommt das Hemd zum Vorschein,
Blickt verstohlnen Blicks nach außen,
Ist wie von der Mondestochter

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Mit dem Zinnesschmuck gewebet.“

     „Unser Werber ist bekleidet
Um den Leib mit wollnem Gürtel,
Den gewebt der Sonne Tochter,
Sie gewirkt mit schönen Fingern

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_157.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)