Selten stehn die Gäns’ beisammen,
Selten Schwestern gegenüber,
Selten Brüder sich zur Seite,
In den unglücksel’gen Gränzen,
In dem armen Land des Nordens.“
„Sollen wir zum Sange schreiten,
An das Werk der Lieder gehen?
Singen kann ja nur der Sänger,
Rufen nur der Frühlingskuckuck,
Färben nur der Bläue Göttin,
Weben nur die Webegöttin,
„Singen selbst der Lappen Kinder,
Wenn das grobe Fleisch des Elenns,
Eines Rennthiers sie gespeiset;
Weßhalb sollte ich nicht singen,
Nicht auch unsre Kinder singen
Von der roggenreichen Speise,
Von dem mehlgefüllten Munde?“
„Singen selbst der Lappen Kinder,
Lärmen sie, die Grasbeschuhten,
Eine Schaale Wasser trinkend,
Weßhalb sollte ich nicht singen,
Nicht auch unsre Kinder singen
Von dem schönen Gerstentranke,
Von dem gutgebrauten Biere?“
„Singen selbst der Lappen Kinder,
Lärmen sie, die grasbeschuhten,
Wenn sie an dem ruß’gen Feuer,
An des Heerdes Kohlen liegen,
Weßhalb sollte ich nicht singen,
Unter diesen schönen Balken,
Unter hübschgebautem Dache?“
„Ist gar gut hier für die Männer,
Lieblich für die Frau’n zu weilen
In dem Schooß der Biergeschirre,
Bei dem Zinngefäß des Methes,
Unfern von dem Schnäpelsunde,
Bei dem Netzzug von den Lachsen,
Wo die Speise nimmer fehlet,
„Ist gar gut hier für die Männer,
Lieblich für die Frau’n zu weilen,
Nicht mit Sorgen hier zu essen,
Ohne Kummer hier zu leben,
Ungekümmert hier zu essen,
Sorgenlos hieselbst zu leben
Bei dem Leben dieses Wirthen
Und so lang’ die Wirthin lebet.“
„Wen soll ich zuerst nun preisen,
Immer loben erst die Helden,
Früher stets den Wirth die Männer,
Der das Haus im Sumpf geschaffen,
Aus dem Walde es errichtet,
Tannen mit dem Stamme holte,
Mit dem Wipfel schlanke Fichten,
Sie an gute Stellen brachte,
Sie gar schön zusammenfügte
Zu dem großen Haus des Stammes,
Wände aus dem Walde schaffte,
Balken von dem großen Berge,
Sparren aus des Busches Dickicht,
Bretter von den Beerenfluren,
Rinde vom dem Faulbaumberge,
Endlich Moos vom flüss’gen Moore.“
„Gut gebauet ist die Stube,
An der Stelle steht das Schutzdach,
Hundert Männer hatten Arbeit,
Als sie diese Stube bauten,
Als sie diese Bretter fügten.“
„Wohl hat dieser gute Hauswirth,
Als er diese Stube baute,
Vieles Haar im Sturm verloren,
Ist vom Wetter viel zersauset,
Oftmals hat der gute Hauswirth
Handschuh auf dem Stein gelassen,
Seinen Hut oft auf den Ästen,
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_156.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)