Wäinämöinen alt und wahrhaft,
Er, der ew’ge Zaubersprecher,
Zimmerte an seinem Boote,
Arbeitet’ am neuen Fahrzeug
An der nebelreichen Spitze,
Auf dem waldungsreichen Eiland;
Doch an Holz gebrach’s dem Zimmrer,
Bretter fehlten ihm zum Boote.
Wer soll Bauholz ihm nun suchen,
Zu dem Boote Wäinämöinen’s,
Zu dem Boden seines Fahrzeugs?
Pellerwoinen, Sohn der Fluren,
Sampsa, er, der Kleingerathne,
Mußte wohl die Bäume suchen,
Mußt’ die Eichenstämme schaffen
Zu dem Boote Wäinämöinen’s,
Zu dem Boden seines Fahrzeugs.
Geht und schreitet auf dem Wege
Geht zum Berge, geht zum zweiten,
Wandert zu dem dritten Berge,
Mit dem Goldbeil auf der Schulter,
An dem Beil ein Schaft von Kupfer,
Kommt ihm eine Esp’ entgegen
Von der Höhe dreier Klafter.
Wollte auf die Espe schlagen,
Mit dem Beil sie niederhauen,
Doch die Espe sprach die Worte,
„Mann, was willst du von mir haben,
Was begehrst du zu erhalten?“
Selber Sampsa Pellerwoinen
Giebt zur Antwort diese Worte:
„Das will ich, o Espe, haben,
Dieses suche und begehr’ ich:
Nur ein Boot für Wäinämöinen,
Bauholz zu des Sängers Nachen!“
Wunderseltsam sprach die Espe,
„Fließen würd’ das Boot und sinken,
Würde es aus mir gezimmert,
Bin voll Höhlen in dem Stamme,
Dreimal hat in diesem Sommer
Mir das Herz der Wurm gefressen,
An der Wurzel mir gelegen.“
Selber Sampsa Pellerwoinen
Ging nun seines Weges weiter,
Wanderte mit seinen Schritten
Eine Tanne kam entgegen,
Hat die Höhe von sechs Klaftern;
Haut den Baum mit seinem Beile,
Schlägt auf ihn mit seiner Hacke,
Frägt ihn dann und spricht die Worte:
„Wirst, o Tanne, sicher taugen
Zu dem Boote Wäinämöinen’s,
Zu des Sängers Schiffbauholze?“
Heft’ge Antwort gab die Tanne,
„Nimmer wird aus mir ein Nachen,
Nicht ein Boot mit sechs der Rippen;
Bin voll Fehler eine Tanne;
Dreimal heckt’ in diesem Sommer
In dem Wipfel hier ein Rabe,
In den Zweigen eine Krähe.“
Selber Sampsa Pellerwoinen
Wandert immer weiter vorwärts,
Wanderte mit seinen Schritten
Eine Eiche kommt entgegen,
Hat im Umfang neun der Klafter.
Fragte da und sprach zur Eiche:
„Solltest du wohl, Eiche, taugen
Zu dem Mutterholz des Nachens,
Zu dem Boden eines Kriegsboots?“
Klüglich antwortet die Eiche,
Giebt zur Antwort diese Worte:
„Habe wohl genug der Holzes
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_083.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)