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GRAF VOM STRAHL.

Nun steht mir bei, ihr Götter: ich bin doppelt!
Ein Geist bin ich und wandele zur Nacht!
(er läßt sie los und springt auf).

KÄTHCHEN (erwacht).

Gott, meines Lebens Herr! Was widerfährt mir!
(sie steht auf und sieht sich um).

GRAF VOM STRAHL.

Was mir ein Traum schien, nackte Wahrheit ist’s:
Im Schloß zu Strahl, todtkrank am Nervenfieber,
Lag ich danieder, und hinweggeführt,
Von einem Cherubim, besuchte sie
Mein Geist in ihrer Klause zu Heilbronn!

KÄTHCHEN.

Himmel! Der Graf!
(sie setzt sich den Huth auf, und rückt sich das Tuch zurecht).

GRAF VOM STRAHL. Was thu ich jetzt? Was lass’ ich?

(Pause).

KÄTHCHEN (fällt auf ihre beiden Kniee nieder).

Mein hoher Herr, hier lieg’ ich dir zu Füßen,
Gewärtig dessen, was du mir verhängst!
An deines Schlosses Mauer fandst du mich,
Trotz des Gebots, das du mir eingeschärft;
Ich schwör’s, es war ein Stündchen nur zu ruhn,
Und jetzt will ich gleich wieder weiter gehn.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich von Kleist: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe, ein großes historisches Ritterschauspiel. Berlin: Realschulbuchhandlung, 1810, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kaethe_(Kleist)_157.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)