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Vom Ursprung der Wirths Häußer & Herberig.

[Ao. 830] Im Kloster St. Gallen solle das erste bekante Wirthshaus gebauen worden
[AU 1] seyn und mit verscHeidenen Stiftungen vergabet damit eß desto beßer den
bedürfnißen der dahin auf besuch kommenden Fürsten und ihrem Gefolge, wie
den Reißenden, Fremden, Studenten, verpfründeten, den Lehen u. Bauleuten,
aufseher und arbeiter am Kloster nahrung und obdach verschafen könne.
     Der Wein ware damals nach wenig bekant u. wurde erst 918 an den
Rheinthallischen hügeln gepflanzt § zwey einzige Weinfäßer waren der ganze
vorrath des Klosters, wogegen eß eine malzdöre für 100 malter Gersten
zum Bierbrauen hate, also war Bier das erste Trank schon bey Galli ankunft.
[AU 2]     Es wurde schon bey denen Kreuzzügen eine Straas von St. Gallen, über
Speicher, Trogen, nach Altsetten u. Chur gamachet, und zum Behuf der durch-
reißenden Personen ofentliche herbergen gemachet, daher auch der herberig [Herbrig]
im Speicher wird seinen Ursprung haben, der erste Herbrig hier war ein haus
von der ältesten Bauart mit einem langen flachen Dach das mit steinen wird
bedeckt geweßen seyn, welches eine Trincklauben gehabt und Ao. 1654 ab der
alten hofstat weg und hinterwerts gestoßen worden, und Ao. 1654 eine
grösere herberg gebauen worden, auf den ersten plaz an der Landstras.
Hernach Ao. 1706 ist dieser Herbrig wieder weggestoßen, und nach ein neues
größeres Wirths haus u. b. Pfisterey dahin gebauen worden, mit einer
grosen Wirthstuben und den Hirschen im Schild gehabt, welches das älteste
und gangbarste Wirthshaus geweßen bis Ao. 1758 solches verkauft
u. die Wirthschaft aufgehört hat, und vor der Kirchen hier war das
Rößli Wirthshaus auch zimlich alt. Solche alte herbrig waren auch auf Gais.
     Von alten männer wurde erzehlt das die orts vorsteher hier, einem
Wirth den auftrag gegeben er möchte ein Saum Wein anschafen, damit
er frömden und durchreißenden einen Trunck geben könne, solches sey
geschehen aber die Vorgesezten haben ihme gut stehen müßen im
Fall der Wein nicht konnte verbrauht werden man ihne entschädigen
wolle. Daraus ist zuschließen das die herberig von anfang mehr als
niderlagen *) und Beherberungen geweßen, als Wirths häußer zum
Trincken, weil man bey wenigem vermögen u. verdienst, mehr auf die
Lebens mitel zur erhaltung bedacht ware, als auf das Trincken, das dem
Landmann nach kein bedürfnis war,weil er gewohnt war seinen Durst mit
Waßer oder milch u. Schotten zulöschen.
*) Vertrag, oder Straßen Brief von 1504 zeigen das in gewißen Entfern-
ungen offene hallen zu verssorgung der Waaren bey ungestümmer Weiterung ge-
weßen wo die Fuhrleut u. Reißenden zukehren könnten.


  1. Abt Ulrich erbaute zur aufnahm der gäste u. pfründer ein Wirthshaus in St. Gallen 1460 ca. Eß wurde die Hölle genant. arx p. 385.
  2. § im Jahre 1788 bis 1797 im durchschnit bezog der Fürst 4580 Eymer auß dem Rheinthal zehent Wein. arx p. 630.