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IX

Länger als dreyhundert Jahre haben die Römischen Kayser nach den Formen
welche in der alten Republick brauchbar waren regiert, und konten nach ihren
eigenen Gesezen Leben, aber die römischen Sitten, gesez, Sprach und gewohn-
heiten erhielten unter den Helvetier bald die oberhand, über ihre eigene.
Sie genoßen wegen ihrem alten ruhm alle Vorzüge die ein unterworfenes
Volk wünschen dörfte. Jede Stadt, oder ort bekam zwey Vorsteher, die
Nazion konnte sich versammlen in Tagsazungen, und allgemeine Landsangelegen-
heiten behandlen, mit genähmigung des Kaysers. Römische Proconsuls regierten.
(B! Daher von Celten der ursprung der Lands Gemeinden entstanden.)
     Die Römer bauten nicht nur burgen, sondern auch Städte Aventicum oder
Wiflisburg, war die haubtstatt in Helvetien, Baden machten die Römer zum
ort ihres vernügens, Arbofelix oder Arbon, war die älteste Stadt am Bodensee
und viel gröser als heüt zu Tag, das bey niderem Waßerstand die mauren von
der alten Stadt nach zusehen sind, valera war eine Römische Vestung, welche vom
Keys. Constante wieder aufgebauen, und daher Constanz genant worden. Ao. 297.
     Sie ließen das Land von ihren morästen und seinen Wälder reinigen, eß
wurden auch Prächtige Landhäußer und Landstraßen errichtet, Handel u.
allerley Gewerbe eingeführt. Eitle Pracht und Wollüstiges Leben, und schlechte
Sitten vertriebten, mit der Wilden Rohheit, und unwüsenheit, auch die alte
Einfalt und den Kriegerschen muth der alten Einwohner Helvetiens.
Wenn Rom die alpen völcker lieber hätte wollen zu freunden haben, als zu Knechten,
so würden sie für ihre freyheit wohl muthiger als unter außländischer Herrschaft
gestreiten haben, und Helvetien & Jtalien vor dem äußersten unglük verwahrt haben.
     Unter der 400 Jährigen oberherrschaft der Römer mußten sich die Helvetier gefallen[AU 1]
laßen an allen einheimschen Kriegen, unruhen und empörungen, die den römischen
Staat zerrütteten antheil zu nehmen, besonders nach der Ermordung des Kaysers
Nero. Rom fiel endlich durch sich selbsten, durch seine gröse, innerliche Spaltung.
unruh, ungerechte Kriege und eroberungen. Gleich wie in vorigen Zeiten der namen
[AU 2]aller Nationen, vor dem namen der Stadt Rom verschwand, also ist aus den fol-
genden Jahrhunderten der verlaßenheit kaum das allgemeine Schicksal dieser Römer
Gräntzen bekant. Grose Monarchin vergrösern sich zum eignen untergang.
Sie fallen so bald sie niemand mehr fürchten, sagt der Geschichtschreiber Müller p. 74
     Die Allemanier, schwächten von Zeit zu Zeit auch die Römische Herrschaft in
Helvetien, und machten öftere einfäll sie wurden durch zufluß der Schwaben furcht-
bar, sie beunruhigte die Römer Ao 200 und 237, fielen sie in die Helvetischen Land.
Plünderten, raubten u. Brandten aller orten bis ihnen Maximinus über den halß
kam u. sie wie das Gewild aufsuchte und nidermachte.
[260] Kamen die Allemanier wider und Ruinierten alles um den Rhein u. bodensee
[275] machten sie gleichen besuch im Rheinthal u. Bodensee, Sengten u. Brenten.
[287] Falten sie wider ein, wurden aber zuruck geschlagen von Maximinus.
[358] hat sie JUlianus zu paren getreiben das sie wider um Frieden biten mußten.
[369] Fiengen sie von neuem krieg an mit welchselseitigem glück, 371 von Römer überwunden.
[440 - 450] Drangen die Alemanier aufs neue über den Rhein, und bemächtigten sich ohne
vielen Widerstand des östlichen Helvetiens, sie theilten den größten theil des Lands
unter sich, u. der name Helvetier verschwand, so schwach u. unfähig wurden die römischen
Jmperatoren Jetzt das sie ihre unterthanen jedem frömden Volk zum raub werden liesen.
Wenig glaubten die Provintzen bey vertauschung des Jochs zu verlieren.

die



  1. M. 80. F 101
  2. Ao 300 wurden am allerfürchtbarsten die Gothen die auß Prüßen u. Jenen Gegenden heraus brachen,
    u. das Römische Gebieth durch streiften und Plünderten, eine Nation suchte die andern zu vertreiben.