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hierin Goethe’s Schicksal, daß keines dieser Portraite ganz unähnlich ist.

Der Künstler benutzte nur die Büste und Beschreibungen, von Schillers innigsten Freunden ihm gegeben; dazu leitete eignes Gefühl ihm die sichere Hand und er hat ein Wunder hervorgebracht. Nach dem Urtheile Aller, die Schillern genau kannten, sogar nach dem seiner Gattin, ist dies Gemälde das einzig befriedigende, es sind nicht nur seine Züge, sondern sein eigenstes Dasein strahlt auch daraus hervor. Der Kopf steht fast ganz im Profil, nur wenig sieht man von der linken Augenbraune. In dieser Stellung tritt am vortheilhaftesten die Adlernase unter der gewölbten bilderreichen Stirn hervor. Der Uebergang von der Nase zum schön geformten Munde herab bis ans Kinn ist höchst ähnlich und unbeschreiblich lieblich. Im blauen Auge strahlt gemildertes Feuer, doch sieht man, daß dies Auge auch blitzen kann, und daß es jetzt nur ruhend in dämmernde Ferne blickt. So sah Schiller aus, wenn er eins seiner unsterblichen Lieder gesungen hatte, und nun, den Nachklang im Herzen, unter seine Lieben trat; noch schweben die Göttergestalten vor seinem Blick und sein Mund will sich zur freundlichen Anrede öffnen. Er ist etwas jünger und weniger leidend,

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 266. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_266.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)