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hülflose Greise, neugeborne Kinder, Krüppel und Kranke blieben ihn ihren vier Pfählen. Ein unübersehbares Gewühl vieler Tausende aus allen Ständen umwogte in ungeduldiger Erwartung des Monarchen den Platz vor dem Thore, über den er fahren mußte. Friedrich Wilhelm II. war bel homme ganz im französischen Sinne des Wortes, seine imposante Gestalt reichte über das Gewöhnliche hinaus, und überragte bei weitem die Köpfe seiner Unterthanen; die weder schönen noch häßlichen, weder anziehenden noch abstoßenden Züge seines Gesichts erinnerten keineswegs an seinen großen Vorfahren, gewannen aber ungemein, wenn ein gewisser Ausdruck wohlwollender Freundlichkeit, der ihm sehr wohl stand, sie belebte.

Schritt für Schritt fuhr er, im offenen Wagen, durch die ihn umwogende Menschenfluth, und schon aus der Ferne wirkte der Anblick des Königs mit magischer Gewalt. Als er näher kommend nach allen Seiten hin freundlich grüßte, da kannte die Begeisterung keine Grenzen mehr; Hüte und Tücher winkten allgemeines Entzücken ihm zu, Hurrahs waren außerhalb Rußlands noch nicht gebräuchlich, aber in seliger Unbewußtheit glitt manches Lebehoch über Lippen, die bis dahin nur Verwünschung Preußens und alles Preußischen gekannt hatten. In der Stadt

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_034.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)