Unbekannt: Dresdener Kunstausstellung 1816 | |
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Fiesole, oder eines Friedrichs. Denn die Tafelgesellschaft macht es nicht, und bedarf es in der christlichen Welt einer Zusammenleitung alles Gestaltigen und aller Umgebungen auf Einen sachbildlich bedeutenden Punkt, so ist es hier ganz besonders der Fall, wo so viele geheimnißvolle Ideen der religiösen Welt, wie in Einen Brennpunkt zusammengedrängt, die Seele des Christen anregen, welche fast der Form entschlüpfen, weil der Geist so rein und seiner selbst genesen darin waltet. Der Künstler, der uns zu dieser Andeutung veranlaßte, soll, wie wir hören, eine Deutung seines Werks heraus gegeben haben, die uns zwar nicht zu Gesicht gekommen, aber nach den daraus gegebenen Proben z. B. einer vor Judas Jscharioth liegenden wurmstichigen Birn u s. w. doch ein Tändeln verräth, welches unter dem Ernst und der Würde der Idee liegt und das Verständniß des Werks im Wesentlichen nicht zu fördern scheint.
Auszeichnung verdienen auch Mor. Retzschen’s Mädchenraub und Abschied eines in den Krieg ziehenden Ritters. Es liegt viel Schreck und Kampf in diesem anmuthig-weichen Mädchenkörperchen und viel Haß und Zorn in dem nacheilenden Knappen. Seine Theilnahme und Treue ist Gewöhnung; denn er war von der Geburt an gewiß um dieß liebe Mädchen. Eben so edle kräftige Jugendgestalten sind der Ritter auf seinem Roß vor dem Balcon und die, von diesem mit dem Kinde im Arme Lebewohl nachrufende, wackere Ritters- und Hausfrau. Herrn Näkes Genoveva, knieend, des vor ihr stehenden Kindes Händchen zum Gebet an den gekreuzigten Heiland aufhebend, hinter ihr die Hirschkuh, seitwärts von ihr in üppiger Pflanzung ein Haase, scheint doch nicht so gelungen, als frühere Situationen aus Faust.
Unbekannt: Dresdener Kunstausstellung 1816. Landes-Industrie-Comptoir, Weimar 1816, Seite 663. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Journal_des_Luxus_und_der_Moden_1816_Seite_655-665.djvu/10&oldid=- (Version vom 8.9.2024)