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Der Künstler ist der Schrift gefolgt. Zwar geht, nach Lukas, die Handlung im Innern des Hauses vor; hier scheint sie aber sich zu endigen. Sie ist daher auf den Gartenplatz, unmittelbar vor dem durch Stufen erhöhten Eingange ins Haus, verlegt. Man sieht, daß Maria, hinter welcher ein Handkorb steht, auf der Estrade mit ihren Blumen beschäftigt war, als der Engel ihr erschien. Die Wohnung selbst ist nicht ärmlich, sondern in einer dem Ganzen angemessenen Simplicität angedeutet. Was nicht zur Handlung gehört, bedeckt der niedersinkende Nebel, welcher bis in den Vordergrund hereintritt. Ueber das Colorit wage ich nicht zu urtheilen. Das Ganze ist vielleicht nur der genialische Versuch einer neuen, der ersten wahrhaft dichterischen, Darstellung des schon so oft behandelten Gegenstandes. Wir wünschen, daß ihn der Künstler im großen Style, als Altarblatt, ausführe; denn in diesem kleinern Umfange kann weder der Hintergrund gehörig zurücktreten, noch die Höhe sich mit der Ferne für die Erscheinung optisch verbinden; das Zarte und Kindliche der Demuth aber steht nicht mit dem hohen Ernste und der edlen Einfalt des epischen Charakters der ganzen Composition in jenem magischen Einklange, der sich nur in großen Gemälden versinnlichen läßt.

Ein anderer Künstler, Herr Rößler, hat denselben Gegenstand auf die gewöhnliche Weise dargestellt. Der – im rechten Knie verzeichnete – Engel erscheint in der Wohnung der Jungfrau, die ihn erröthend anhört. Die Beiwerke harmoniren gut mit dem vom Künstler zart behandelten Sujet. Der Kopf des Engels und die Gestalt der Maria haben Verdienst. Vielleicht ist letztere zu jung gedacht. Doch scheint sich Alles aus dem gesenkten Blick ihres frommen unschuldigen Gesichts zu erklären. Uebrigens deutet

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Unbekannt: Kunst-Ausstellung in Dresden, am Friedrichstage den 5ten März 1810. Landes-Industrie-Comptoir, Weimar 1810, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Journal_des_Luxus_und_der_Moden_1810_Seite_298-314.djvu/6&oldid=- (Version vom 8.9.2024)