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Lage sind, einer vom andern den barmherzigen Streich zu empfangen! 381 Zum Sterben sind wir ja geboren, zum Sterben haben wir unsere Leibesfrucht gezeugt, und selbst die glücklichsten Menschen können dem Tode nicht entrinnen. 382 Dagegen sind Entehrung, Sclaverei und der bittere Schmerz, die Frauen mit ihren Kindern von roher Gewalt der Schande überliefert zu sehen, für die Menschen durchaus keine naturnothwendigen Uebel, sondern lauter Leiden, die sie sich aus reiner Feigheit gefallen lassen, weil sie sich, so lange es noch möglich war, nicht entschließen konnten, denselben durch den Tod zuvorzukommen. 383 Stolz auf unseren Mannesmuth haben wir den Römern den Gehorsam aufgekündigt und zu guterletzt haben wir noch jetzt für ihre Aufforderung, uns auf Gnade zu ergeben, nur taube Ohren gehabt. 384 Wer könnte sich also nicht den Grimm der Römer gegen uns ausmalen, wenn sie uns lebend in ihre Gewalt bekommen sollten! Wehe eurer strotzenden Leibeskraft, ihr Jünglinge, an der gar viele Martern zu zehren haben werden! Wehe euch, die ihr über die Manneskraft schon hinaus seid, wehe über euer Alter, das unter der Last so vielen Unheiles erliegen muss! 385 Hier wird einer ohnmächtig zusehen müssen, wie man sein Weib von ihm reißt, um es zu vergewaltigen, da wieder wird einer den Jammerlaut seines Kindes hören, das nach der Hilfe des Vaters schreit, obwohl ihm selbst die Hände zugeschnürt sind. 386 Doch sie sind ja noch frei, sie haben ja noch ihr gutes Schwert, wohlan, sie sollen uns jetzt einen schönen Dienst erzeigen! Unberührt vom Feindesjoch wollen wir sterben, als freie Männer mit unseren Frauen und Kindern gemeinschaftlich von hinnen scheiden. 387 Das ist der Wille unserer Gesetze, das ist der flehentliche Wunsch unserer Frauen und Kinder; das ist eine Nothwendigkeit, die Gott selbst herbeigeführt hat, und eine That, die der Feind zu vereiteln wünscht, weil er nichts so sehr besorgt, als dass jemand aus der Gefangenschaft durch den Tod entkomme. 388 Beeilen wir uns darum, unseren Feinden für die aus unseren Qualen erhoffte Lust nur des Todes unheimliches Grauen und die stumme Bewunderung eines großen Dramas zu hinterlassen!“


Neuntes Capitel.
Die Juden von Masada führen den entsetzlichen Entschluss aus. Die Römer finden 960 Leichen und eine brennende Veste. Nur einige Frauen und Kinder waren übriggeblieben.

389 (1.) Als Eleazar den Juden noch weiter zureden wollte, da schnitten sie ihm das Wort ab, um, noch ganz erfüllt von unwiderstehlicher Begeisterung, gleich zur That selbst zu schreiten. Wie besessen rannten sie hin, und einer suchte vor dem anderen einen Vorsprung zu gewinnen, weil er von der Ueberzeugung beseelt war, es würde der Ruhm seiner

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 532. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/532&oldid=- (Version vom 1.8.2018)