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wo sie kein Leid mehr empfinden werden. Solange sie aber noch im sterblichen Leibe, wie in einem Kerker, weilen und die Fülle seines Elendes theilen, sind sie im vollsten Sinne des Wortes todt, da die Bereinigung zwischen Göttlichem und Sterblichem ein Missverhältnis ist. 345 Nun entfaltet zwar die Seele auch eine große Macht in dem Zustande, wo sie mit dem Leibe zusammengeschlossen ist, indem sie denselben zum Werkzeug ihrer Sinneswahrnehmungen macht, ihn unsichtbarer Weise in Bewegung seht und in ihren sittlichen Handlungen sogar über seine sterbliche Natur emporträgt: 346 aber was ist das im Vergleich zu jenem Zustand, wo sie, losgelöst von ihrer Bürde, die sie immer zur Erde hinabzieht und nie loslässt, und in ihrem himmlischen Vaterlande angelangt, endlich einmal eine wahrhaft selige Lebenskraft, wie auch eine allseits ungehemmte Macht empfängt, für immer den Augen der Menschen entrückt, wie Gott selbst es ist. 347 Kann ja die Seele nicht einmal in diesem ihrem Leibesleben eigentlich geschaut werden: unsichtbar zieht sie in den Körper ein und ungesehen wandert sie wieder aus: nur eine Natur hat sie, die unsterbliche, und von dieser hängt auch das veränderliche Leben des Leibes ab. 348 Denn alles, was immer die Seele berührt, das lebt und blüht; was sie verlässt, das dorrt ab und stirbt: so reich ist die unsterbliche Lebensmacht, die der Seele zu Gebote steht! 349 Als schlagender Beweis für meine Behauptung möge auch der Schlaf dienen. Im Schlafe findet die Seele gerade darum die angenehmste Ruhe, weil sie sich nicht mit dem Leibe abzugeben hat und für sich selbst leben kann; ja sie tritt dann sogar infolge ihrer Wesensverwandtschaft mit Gott in Verkehr und wird dadurch befähigt, überall hinzudringen und viele zukünftige Dinge vorauszusagen. 350 Lieben wir aber die mit dem Schlafe verbundene Ruhe, warum sollten wir dann gerade den Tod fürchten? Wie thöricht von uns, der Freiheit dieses irdischen Lebens nachzujagen und uns selbst die ewig dauernde nicht zu gönnen! 351 Eigentlich sollten wir, Juden, ohnehin schon nach unserer ganzen Geistesrichtung, die uns von Haus aus eingepflanzt worden ist, den übrigen Menschen in der bereitwilligen Uebernahme des Todes mit gutem Beispiele vorangehen. Sollten wir aber wirklich auf die Zeugnisse von heidnischen Völkern angewiesen sein, so müssten wir uns einmal jene Indier betrachten, welche die Pflege der Weisheit zu ihrer besonderen Aufgabe machen. 352 Sehet, wie diese Männer in ihrer hohen Gesinnung die Zeit des Lebens wie eine von der Natur auferlegte allgemeine Zwangsarbeit nur sehr ungerne abdienen. 353 Ja, sie beschleunigen selbst die Loslösung der Seele vom Leibe, indem sie, ohne von einem Leiden dazu gedrängt oder mit aller Gewalt aus der Welt geschafft zu werden, rein

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 528. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/528&oldid=- (Version vom 1.8.2018)