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worden war, so fieng er auch rasch Feuer, das, durch den lockeren Schutt nur wenig gehemmt, immer tiefer fraß und seine Garben weit herauswarf. 317 Indes wäre der Nordostwind, der gleich anfangs in die Flammen fuhr, für die Römer bald verhängnisvoll geworden, da er die Feuerfunken von den Juden in der Höhe weg und gegen die Römer jagte, so dass die letzteren fast schon alle Hoffnung aufgaben, ihre Maschinen vor dem Feuer noch retten zu können. 318 Da drehte sich plötzlich, wie auf einen Wink von Gott, der Wind nach Südwest und wehte jetzt mit Sturmeskraft von der entgegengesetzten Seite, wobei er die Lohe mit aller Gewalt auf den Mauerwall zurückschlug und ihn nunmehr nach seiner ganzen Ausdehnung durch und durch in Glut verwandelte. 319 Nach diesem Erweise göttlicher Hilfe zogen sich die Römer freudig bewegt in das Lager zurück, um am nächsten Tage den Hauptsturm auf die Festung zu unternehmen. Während der Nacht verdoppelten sie ihre Wachsamkeit, um ja niemand heimlich entrinnen zu lassen.

320 (6.) Indessen zog Eleazar weder für seine eigene Person eine Flucht in Erwägung, noch möchte er eine solche jemand anderem erlaubt haben. 321 Im Gegentheil, da er einerseits den Mauerwall in Feuer aufgehen sah und sonst keinen anderen Rettungsweg noch ein Vertheidigungsmittel mehr ausfindig machen konnte, auf der anderen Seite aber sich das schreckliche Schicksal vor Augen stellte, das den Vertheidigern mit ihren Frauen und Kindern nach dem Falle der Veste von Seite der Römer bevorstand, so beschloss er, alle miteinander sterben zu lassen. 322 Mit diesem Entschlusse, den er nach den obwaltenden Umständen noch für den besten hielt, sammelte er seine mannhaftesten Gefährten um sich und suchte sie durch die folgende Ansprache zu der beabsichtigten That zu ermuntern: 323 „Schon längst“, sprach er, „sind wir, wackere Männer, fest entschlossen gewesen, uns weder vor den Römern noch sonst jemand anderem zu beugen, als vor Gott, dem einzig wahren und gerechten Herrn der Menschen. Und nun ist der Augenblick gekommen, der gebieterisch von uns verlangt, dass wir diesen unseren Hochsinn auch einmal durch die That beweisen. 324 Wir wollen uns im Angesichte dieser heiligen Stunde nicht mit der Schmach bedecken, dass dieselben, die früher nicht einmal von einem gepolsterten Joche etwas wissen wollten, jetzt auf einmal ein Joch auf sich nehmen, das die Römer, wenn wir lebend in ihre Gewalt gerathen, sicher mit Todesqualen spicken werden! Denn wohlgemerkt, wir waren die ersten von allen, die die Fahne des Aufruhres erhoben haben, wir sind auch die letzten, die sie noch hochhalten! 325 Meines Erachtens ist es aber nur eine gnädige Fügung Gottes, dass gerade wir den schönen Tod des freien Mannes sterben

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 525. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/525&oldid=- (Version vom 1.8.2018)