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die Nachricht von der Gefangennahme des Simon, Sohnes des Gioras, die sich in folgender Weise abspielte.

26 (2.) Genannter Simon, der sich bekanntlich während der Belagerung Jerusalems auf der Oberstadt befand, hatte sich in dem Augenblicke, wo das römische Heer über die Mauern eindrang und die ganze Stadt zu verwüsten begann, in Begleitung seiner verlässlichsten Freunde und einiger Steinbrecher, ausgerüstet mit den für ihre Arbeit nothwendigen eisernen Werkzeugen und mit einem auf längere Zeit berechneten Speisevorrath versehen, in einen der vielen versteckten Gänge hinabgelassen. 27 Zunächst drangen sie soweit vor, bis sie an das Ende des alten Stollen kamen, und die feste Erdwand ihnen Halt gebot. Hier begannen sie nun ihre unterirdische Arbeit, in der Hoffnung, nach Ausgrabung einer längeren Strecke irgendwo unbeachtet an die Erdoberfläche steigen und davonlaufen zu können. 28 Aber der wirkliche Erfolg strafte diese Erwartung Lügen, indem die Minengräber trotz der angestrengtesten Arbeit nur äußerst langsam vorwärts kamen, und bei all’ ihrer Sparsamkeit auch der Proviant schon auf die Neige zu gehen anfieng. 29 Jetzt zog nun Simon in dem Glauben, die römischen Wachen ins Bockshorn jagen zu können, weiße Unterkleider an, schnallte darüber ein feines purpurnes Obergewand und tauchte plötzlich an der nämlichen Stelle, wo ehemals der Tempel gestanden, aus der Erde empor. 30 Einen Augenblick stutzten wohl die Wachen bei diesem Anblick und starrten unbeweglich auf die Erscheinung, dann aber rückten sie ihr auf den Leib und schrien: Halt, wer da? 31 Simon gab sich ihnen aber nicht zu erkennen, sondern befahl ihnen nur, den Commandanten zu rufen, was sie auch eiligst thaten. Sofort war Terentius Rufus, der zurückgelassene Besatzungscommandant, zur Stelle und nahm von Simon das volle Geständnis entgegen. 32 Er ließ ihn hierauf fesseln und in sicheren Gewahrsam bringen und meldete dem Cäsar die Umstände seiner Verhaftung. Auf solche Art ward Simon zur gerechten Strafe für die Grausamkeit gegen seine Mitbürger, die er wie der ärgste Tyrann bedrückt hatte, von Gott in die Gewalt seiner erbittertsten Feinde gegeben, und zwar nicht etwa so, dass er mit den Waffen in der Hand von ihnen überwältigt worden wäre, sondern in der Weise, dass er von freien Stücken dem Feinde und Henker entgegenlief, 33 obschon er in vielen Fällen dieselbe Handlungsweise bei andern oft auf rein erdichtete Anklagen hin als Römerfreundlichkeit mit dem qualvollsten Tode bestraft hatte. 34 Wahrhaftig, dem Zorne Gottes entflieht kein Bösewicht, und der Arm seiner Gerechtigkeit wird niemals altersschwach; wenn auch spät, einmal packt er sicher den, der gegen ihn gefrevelt hat, und er fällt dann

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 496. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/496&oldid=- (Version vom 1.8.2018)