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der im zweiten Regierungsjahr des Kaisers Vespasian erfolgt ist, zählt man im Ganzen 1130 Jahre, sieben Monate und fünfzehn Tage. 270 Von der Gründung des zweiten Tempels an, den Aggäus im zweiten Regierungsjahr des Königs Cyrus begonnen, bis zu seiner Zerstörung unter Vespasian rechnet man dagegen 639 Jahre und 45 Tage.


Fünftes Capitel.
Der Tempel ein Meer von Feuer und Blut. Die Priester. Das Volk auf der Südhalle. Vorzeichen des Unterganges. Betrachtung des Verfassers über das Ende des Heiligthums.

271 (1.) Während der Tempel in Flammen aufgieng, raubten die Soldaten, was ihnen in den Wurf kam, und richteten unter denen, auf die sie stießen, ein ungeheures Blutbad an. Kein Alter fand Erbarmen, nichts Heiliges ward geachtet, sondern Knäblein und Greise, Laien und Priester wurden gleicherweise hingewürgt. Ohne jede Rücksicht auf das Geschlecht wüthete auf allen Seiten das feindliche Schwert, es wüthete ebenso gegen jene, die um Pardon baten, wie gegen jene, die noch Gegenwehr leisteten. 272 In das Geprassel der himmelhoch aufschlagenden Flammen mischte sich das schauerliche Aechzen der Sterbenden, und bei der Höhe des Tempelberges, wie bei der Ausdehnung des brennenden Gebäudes hätte man leicht glauben können, dass die ganze Stadt im Feuer stehe. Keine Vorstellung dürfte imstande sein, die Gewalt und die Grässlichkeit jenes Tumultes zu überbieten, 273 den der brausende Schlachtruf der zusammenströmenden Legionen, das Gebrüll der von einem Feuer- und Eisenwall umklammerten Rebellen, wie auch die Angst des abgeschnittenen und dem Feinde gerade in die Hände laufenden Volkes droben und sein letzter Todesschrei hervorbrachten. 274 Dem Getümmel auf der Höhe antwortete das Jammergeschrei des Volkes in der Stadt. Selbst viele von denen, die vor Hunger schon verschmachteten und kein lautes Wort mehr hervorbrachten, überkam beim Anblick des feuersprühenden Tempels eine verzweifelte Kraft, so dass sie wieder laut zu jammern, ja zu schreien begannen. Der Wiederhall von den Wänden jenseits des Kedron und den übrigen Bergen ringsum machte das Getöse noch furchtbarer. Aber dieser äußere Eindruck blieb noch weit hinter den wirklichen Schreckensscenen zurück. 275 Der ganze Tempelberg erschien von seinem Fuße an wie ein einziger ungeheurer Feuerofen, der nach allen Seiten Flammen spie. Dann hatte es wieder den Anschein, als ob die Blutbäche das Feuer ersticken müssten, da die Zahl der Schlächter fast hinter der Zahl ihrer Opfer verschwand. 276 Nirgends sah man mehr ein Fleckchen Erde, das nicht mit Todten bedeckt war, und die Soldaten mussten

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 471. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/471&oldid=- (Version vom 1.8.2018)