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stierten in die Flammen. Aber weit entfernt, dass die Verzweiflung wegen der rettungslos verlorenen Hallen ihnen den vernünftigen Gedanken eingegeben hätte, wenigstens das Uebrige noch zu retten, schärften sie jetzt umgekehrt an der Vorstellung des brennenden Tempelhauses, das noch nicht einmal brannte, ihre ganze Wuth gegen die Römer. 235 Das Feuer brauchte übrigens den ganzen Tag und die folgende Nacht, um sich vollständig auszubreiten, da die Römer die Hallen bloß von einzelnen Punkten aus und nicht im ganzen Umkreis zugleich in Brand stecken konnten.

236 (3.) Am nächsten Tage befahl Titus einem Theile seiner Truppen an die Löscharbeiten zu gehen und zum Zwecke eines leichteren Aufmarsches der Legionen einen breiten Weg an den Thoren herzustellen. 237 Er selbst versammelte um sich den Stab, bestehend aus den sechs obersten Befehlshabern, nämlich dem Leiter aller Heerestheile, Tiberius Alexander, dem Legaten der fünften Legion, Sextus Cerealis, dem Legaten der zehnten Legion, Larcius Lepidus, dem Legaten der fünfzehnten Legion, Titus Phrygius, 238 und dem Lagerpräfecten der aus den zwei Alexandrinischen Legionen ausgewählten Truppen, Fronto Liternius, wozu noch der damalige Schatzmeister von Judäa, Markus Antonius Julianus, wie auch die anderen kaiserlichen Procuratoren und die Tribunen kamen. Den Gegenstand der Berathung bildete das Schicksal des eigentlichen Tempelgebäudes. Ein Theil der Versammelten hielt es für das beste, einfach nach dem Kriegsrechte vorzugehen, 239 da die Juden ihre Umsturzversuche solange nicht aufgeben würden, als noch der Tempel, dieser Vereinigungspunkt für die Juden der ganzen Welt, fortbestünde. 240 Andere wieder riethen zur Erhaltung des Tempels für den Fall, als die Juden ihn verlassen und nicht zu einem Waffenplatz machen würden: sollten sie dagegen auf ihm zur Vertheidigung Posto nehmen, möge man ihn niederbrennen; denn er sei dann nur eine Festung und kein Tempel mehr, und die Ruchlosigkeit wäre gewiss nicht auf Seite der Römer, sondern nur dort zu suchen, wo man die Gewalt gegen das Gotteshaus erzwungen habe. Dem gegenüber erklärte Titus: 241 „Ich meine, man sollte auch in dem Falle, als die Juden den Tempel zum Bollwerk machen, dem todten Material nicht die Bosheit der Menschen entgelten lassen und nie und nimmer ein so wundervolles Bauwerk den Flammen preisgeben. Den Schaden haben schließlich nur die Römer, die sich umgekehrt in diesem Tempel ein Juwel für ihre Kaiserkrone retten. 242 Diese Erklärung war dem Fronto, Alexander und Cerealis, die sich früher nicht recht zu äußern gewagt hatten, wie aus der Seele gesprochen. 243 Damit hob nun Titus die Sitzung auf und gab den Commandanten

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 467. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/467&oldid=- (Version vom 1.8.2018)