absichtlich den Tod sucht, nicht aufnehmen solle. 171 Denn Leute, dachten sie, welche alle Rettung auf Hoffnung aufgegeben haben, pflegen einerseits eine ganz unsinnige Kraft im Kampfe zu entwickeln, wie sie auch andererseits durch ihre erbärmliche Lage die Gottheit zur Hilfe fast herbeinöthigen. Sein Leben aber gegen Leute in die Schanze zu schlagen, deren Ueberwindung keine große Ehre bringe, deren Sieg aber für den Besiegten ebenso schmachvoll, wie verhängnisvoll werde, das sei nicht mehr Tapferkeit, sondern tolle Verwegenheit. 172 Da nun die längste Zeit Niemand ihm entgegentreten wollte, und der Jude, der ein gewaltiger Aufschneider, wie auch Verächter der Römer war, den letzteren mit schneidendem Hohne ihre Feigheit vorhielt, da sprang ein gewöhnlicher Schwadronenreiter, namens Pudens, voll Entrüstung über das Lästermaul und frechen Protz, 173 dessen kleine Gestalt er aber leider auch unvorsichtigerweise unterschätzt zu haben scheint, auf den Juden los und wäre ihm wohl sonst im Ringen Meister geworden, wenn er nicht von seinem bösen Geschick geliefert worden wäre. Er fiel nämlich nieder, worauf Jonathas schnell hinsprang und ihn erstach. 174 Dann stieg er auf den Leichnam, schwang mit der einen Hand das bluttriefende Schwert, mit der linken seinen Schild in die Luft und jauchzte dem römischen Heere die Ohren mit seinem Siegesgesang voll, wobei er prahlend auf den Gefallenen hinwies und die zuschauenden Römer verspottete, 175 bis ihn mitten in seinem Siegestanz und närrischen Geplärre der Centurio Priscus mit einem Pfeile durchschoss. Auf das hin erscholl bei den Römern ein allgemeiner Freudenschrei, gemischt mit dem Wehegeschrei der Juden. 176 Jonathas aber wand sich vor Schmerzen und sank dann auf den Leib seines Gegners nieder, zum warnenden Beispiel, wie schnell im Kriege den die Nemesis ereilt, der nur ein dummes Glück gehabt hat.
177 (1.) Die Rebellen im Tempel oben ließen es an keiner Anstrengung fehlen, um Tag für Tag die an den Dämmen arbeitenden Römer durch offene Angriffe aufzuhalten; am 27. des vorerwähnten Monates aber bereiteten sie ihnen wieder eine Falle. 178 Das gieng so zu. Sie füllten an der Westhalle den Raum zwischen dem Balkenwerk und dem die Halle abschließenden Dache mit dürrem Holze und außerdem noch mit Asphalt und Pech an, worauf sich die Kämpfer zum Scheine ganz erschöpft aus ihren Stellungen zurückzogen. 179 Kaum war das bei den Römern bemerkt worden, als auch schon viele unbedachtsame Soldaten,
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 460. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/460&oldid=- (Version vom 1.8.2018)