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sitzungen zurückgeben zu können. 116 Recht gerne zogen sie sich, ohne im geringsten belästigt zu werden, nach dem ihnen geschenkten Städtchen zurück. Das man sie aber jetzt nicht mehr zu Gesichte bekam, so wurde neuerdings, offenbar in der Absicht, um wenigstens neue Ueberläufer einzuschüchtern, das Gerücht ausgesprengt, dass die früheren Ueberläufer von den Römern niedergemetzelt worden seien. 117 Eine Zeitlang verfieng auch die List, geradeso wie früher, indem sich wirklich viele Juden durch dieses Schreckbild vom Uebergang abhalten ließen.

118 (3.) Titus ließ nun die Männer wieder von Gophna zurückholen und befahl ihnen, in Begleitung des Josephus einen Rundgang um die Mauer zu machen, um sich dem Volke zu zeigen. 119 Auf das hin kamen wieder zahlreiche Flüchtlinge zu den Römern. In dichten Gruppen standen dann diese Leute öfter vor dem römischen Lager und flehten unter Jammergeschrei und Thränen die Rebellen an, entweder gleich die ganze Stadt den Römern zu übergeben und ihnen so die liebe Heimat zu erhalten, 120 oder wenn schon das nicht, so doch auf jeden Fall das Heiligthum zu räumen und so wenigstens das Tempelgebäude für die Nation zu retten, da die Römer gewiss nur im äußersten Nothfall es wagen würden, den Tempel niederzubrennen. 121 Diese Bitten reizten aber die Rebellen zu noch heftigerem Widerstreit an, und zur Antwort stellten sie, nachdem sie eine Unmasse von Lästerungen gegen die Ueberläufer ausgestoßen, über den Thoren des Heiligthums die Armbrustgeschütze, die Katapulten und Steinschleudermaschinen auf, so dass sich der Tempelplatz ringsum wegen der Menge der Gefallenen wie ein Leichenacker, der Tempel selbst aber wie eine Festung ausnahm. 122 Sie sprangen in das Heilige und das Allerheiligste mit den Waffen in der Hand, an der noch das warme Blut vom Brudermorde klebte, und sie verstiegen sich in ihrer Ruchlosigkeit soweit, dass jener gerechte Unmuth, der bei den Juden nur zu natürlich gewesen wäre, falls die Römer solch’ maßlose Greuel an ihnen verübt haben würden, jetzt umgekehrt die Römer gegen die Juden erfüllen musste, dass sie so gottlos ihre eigenen Heiligthümer behandeln könnten. 123 Sicherlich gab es Niemand unter den römischen Soldaten, der nicht mit einem ehrfurchtsvollen Schauder von der Ferne auf den Tempel hingeblickt und ihm seine tiefste Verehrung bezeigt hätte, beseelt von dem innigsten Wunsche, dass die Mörderbanden, ehe noch die letzte Katastrophe über das Heiligthum hereingebrochen, in sich gehen möchten.

124 (4.) In größter Entrüstung darüber ließ Titus den Anhängern des Johannes noch den Vorwurf zuschleudern; „Wie? habt denn nicht ihr selbst, ihr Scheusale, dieses Geländer da vor dem Heiligthum aufgestellt? 125 Habt nicht ihr selbst die verschiedenen Säulen daran mit den

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 454. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/454&oldid=- (Version vom 20.7.2019)