befindlichen Römer, deren sie schließlich, weniger infolge ihrer Taktik, als vielmehr dank ihrer Tollkühnheit, Meister wurden. 281 Doch immer und überall erschien Titus in Person, um den Bedrängten beizuspringen, und warf seine Reiter, wie auch die Scharfschützen auf die Flanken der bedrohten Maschinen, wodurch es ihm endlich gelang, den mit Feuerbränden bewaffneten Gesellen das Handwerk zu legen und die auf den Thürmen stehenden Schleuderer zurückzutreiben, worauf die Widder aufs neue ihre Arbeit begannen. 282 Die Mauer trotzte indes ihren Schlägen, mit Ausnahme des Stückes einer Thurmecke, welche der Widder der fünfzehnten Legion erschüttert hatte. 283 Die eigentliche Mauer blieb auch hier unbeschädigt und konnte auch nicht zunächst mit dem Thurme gefährdet werden, weil der letztere weit vorsprang, und aus diesem Grunde selbst eine Bresche an ihm nicht leicht die eigentliche Stadtmauer in Mitleidenschaft ziehen konnte.
284 (5.) Die Juden unterbrachen für eine kurze Zeit ihre Ausfälle und sahen aufmerksam den Römern zu, wie sie sich wieder auf ihre Werke und durch das Lager hin vertheilten, in der sicheren Meinung, die Juden hätten sich aus Erschöpfung und Furcht zurückgezogen. Auf einmal fielen sie mit ihrer ganzen Macht bei einer gedeckten Pforte in der Nähe des Hippikusthurmes aus, warfen Feuer in die Werke und machten Miene, sogar die Römer hinter ihren eigenen Lagerwällen anzugreifen. 285 Auf ihr Geschrei formierten sich sofort die nächststehenden Soldaten, während die weiter entfernten sich schnell zu sammeln suchten. Doch ihre militärische Strammheit ward von der Verwegenheit der Juden überflügelt: sie warfen die ersten, auf die sie stießen, über den Haufen und suchten auch jene, die sich schon besser gesammelt hatten, auseinanderzusprengen. 286 Besonders wogte rings um die Widdermaschinen ein grausiger Kampf: die Juden wollten sie um jeden Preis in Brand stecken, die Römer wehrten sich aufs äußerste. Von beiden Seiten erscholl statt des Commandos nur wirres Geschrei, und viele der vordersten Kämpfer sanken getroffen zu Boden. 287 Die Verzweiflung der Juden behielt das Uebergewicht. Schon züngelte die Flamme an den Werken empor, und es war bereits die höchste Gefahr da, dass alles mitsammt den Maschinen niederbrennen würde, als noch zum Glück der Kern der alexandrinischen Elitetruppen mit einer Bravour, die sich selbst übertraf – da sie es bei diesem Kampfe den ruhmvollsten Legionen zuvorthaten – wenigstens solange sich behaupten konnte, bis der Cäsar mit seinen besten Reitern in die feindlichen Scharen einbrach. 288 Zwölf Kämpfer streckte er im vordersten Gewühle mit eigener Hand zu Boden, worauf die ganze feindliche Masse, bestürzt über ihren Fall, ins Wanken gerieth und floh: Titus war hinter ihnen her und drängte
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 402. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/402&oldid=- (Version vom 1.8.2018)